Homestory

Homestory #37

Wir sind heil zurückgekehrt – und das ist keine Selbstverständlichkeit angesichts gleich zweier auf Autobahnen geplatzter Reifen sowie eines waghalsigen Ausflugs in den schweizerischen Luftraum, von dem auch in dieser Ausgabe zu lesen ist. Im Allgemeinen aber zeichnet sich die Schweiz im Vergleich zu Berlin eher durch Ruhe und Ordnung aus. Geradezu »erschreckend idyllisch« sei es, hieß es in unserem ersten Blogpost über den kleinen Ort an einem großen Bergsee, in dem wir untergekommen waren.

Und das war nicht übertrieben. Jeden Morgen weckten uns die Kuhglocken zu einem spektakulären Blick auf Felswände und weite Täler. Die Postkartenidylle wurde nur durch regelmäßige Schießübungen eines nahen Armeepostens gestört. Dieses Ambiente passt recht gut zu den schweizerischen Verhältnissen, hat sich dieses wohlhabende und sichere Land doch seit Jahrzehnten geradezu zwanghaft auf potentielle Invasionen eingestellt, wovon nicht nur die zahlreichen Katastrophenbunker im Land zeugen, sondern auch die Anstrengungen beim »Zivilschutz«, von denen auch in dieser Ausgabe zu lesen ist.

Einige von uns hatten früher schon jahrelang in der Schweiz gelebt, für andere war es der erste längere Aufenthalt. Vor allem Letztere mussten einige Vorstellungen revidieren. Ein weitverbreitetes Vorurteil über die Schweiz lautet ja, es handele sich um ein Land felsenfest geordneter Verhältnisse und erdrückender bürgerlicher Normalität. Und es stimmt, aus linker Sicht sind die dortigen Verhältnisse nicht gerade am Tanzen. Doch die Schweiz ist vieles, aber sicher nicht normal. Die Wohlstandsinsel in den Alpen hat ein bizarres politisches System, das sich auf eigenartige Mythen stützt; eine rechtspopulistische Bewegung, die in Europa jahrzehntelang eine Vorreiterrolle einnahm und bis heute die Gesellschaft maßgeblich prägt; eine erstaunlich kämpferische Hausbesetzerszene – und tiefe Gräben, die die Gesellschaft durchziehen und die nur notdürftig vom schweizerischen Konsens- und Konkordanzfetisch überdeckt werden.

Lesen kann man viel über ein Land, aber wenn man es bereist, kann sich der Blick darauf doch sehr schnell ändern und schärfen. Insofern uns das gelang, lag das zu einem großen Teil an den vielen erhellenden Gesprächen, die wir in der Schweiz führen können – mit all den netten Leuten, die auch noch nach dem zweiten Bier gerne bereit waren, uns diese oder jene schweizerische Eigenart zu erklären.

Deshalb möchten wir uns bei allen bedanken, die unsere Reise so angenehm und ergiebig gemacht haben: bei Anna und Kaspar von der Woz für Ihren Beitrag in dieser Ausgabe und für ihre Hilfe und Gastfreundschaft, bei unserem Gastgeber Antonio, bei Enke für das frisch gebackene Brot, bei Adrian für das Scopa-Spielen (ein aus Italien kommendes Kartenspiel) und seine Musik, bei Katrin und André für das Tandemfliegen, bei Tom, Anja, Dominik und Flo für all die Infos und Tipps sowie die Übernachtungsmöglichkeiten, bei René fürs Bier und bei Beni für die Internetflat – und bei den Abschleppern und Reifenwechslern, die dafür sorgten, dass wir von der Autobahn heruntergekommen sind.