Dialog mit den Taliban

Reden und Morden

Seite 3 – »Nichts ist vereinbart, bis alles vereinbart ist.«

Die US-Regierung behauptet, dass sie eine Betei­ligung der afghanischen Regierung zu einem der vier angestrebten Hauptpunkte der Abkommen gemacht habe. Khalilzads Motto lautet: »Nichts ist vereinbart, bis alles vereinbart ist.«

Ghanis Haltung dürfte weder den Oppositionspolitikern gefallen haben, die befürchten müssen, bei künftigen Verhandlungen außen vor zu bleiben, noch den Vertretern der sozialen und Frauenorganisationen, die der Regierung, aber auch der Opposition nicht trauen. Sie befürchten, diese könnten für einem Kompromiss mit den Taliban zur Teilung der Macht wichtige politische und Bürgerrechte opfern. Deshalb war es auch so wichtig, dass Deutschland und Katar Vertretern der Zivilgesellschaft und insbesondere Frauen in Doha erstmals einen prominenten Platz verschafften.

Allerdings hatte auch die afghanische Regierung hochrangige junge Vertreterinnen und Vertreter geschickt, die früher in der Zivilgesellschaft tätig waren: Ahmad Nader Naderi, ein ehemaliges Mitglied der unabhängigen Menschenrechtskommission, sowie die stellvertretende Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrats, Shaharzad Akbar, die inzwischen zur Leiterin der Menschenrechtskommission des Landes ernannt wurde. Sie hatte ihren zwei Monate alten Sohn mitgebracht, der zeitweilig sogar auf die Teilnehmerliste der Konferenz geraten war. Das dürfte den Taliban vor Augen geführt haben, wie weit ihr Frauenbild hinter der afghanischen Wirklichkeit zurückgeblieben ist.

Selbst wenn es in absehbarer Zeit zu einem auch im afghanischen Alltag Friedensabkommen käme, könnten die Probleme erst richtig anfangen: von der Reintegration mindestens Zehntausender ehemaliger Kämpfer aller Seiten ins zivile Leben über die schwache Wirtschaft, die großen Teilen der Bevölkerung kein regelmäßiges Einkommen beschert, bis zur Erhaltung eines funktionierenden Staats, der derzeit von ausländischen Zuschüssen abhängt, dem aber bei einem Friedensschluss wichtige Geldgeber abhanden kommen könnten, weil sie sich dann als nicht länger zuständig betrachten.