Die Schülerin Emilia S. wurde für ihren Einsatz gegen Antisemitismus ausgezeichnet, aber auch bedroht

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PorträtHi, Hi, Hitler. Witzig fanden es ihre Mitschülerinnen und -schüler offenbar, mit Nazisymbolik und -sprüchen zu kokettieren. Wie Emilia S. verschiedenen Medien berichtete, sei es in ihrer Klasse in einer Dresdner Schule angesagt gewesen, sich mit »Heil Hitler!« und Hitlergruß zu begrüßen und den Handyakku zu 88 (ein Code für »Heil Hitler«) Prozent geladen zu haben. Hinzu kamen bald antisemitische Sprüche und Verhöhnungen der Opfer der Shoah im klasseninternen Handychat. Als die 15jährige dies kritisierte, wurde sie selbst angefeindet, ein Mitschüler meinte unter anderem, sie habe »wohl zu viel tote Juden eingeatmet«. Sie zeigte ihn wegen Volksverhetzung an.

Das dürfte ihren Stand in der Klasse nicht einfacher gemacht haben. Vergangene Woche wurde sie für ihren Mut mit dem vom Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas verliehenen Preis für Zivilcourage gegen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Rassismus ausgezeichnet. Dass die Kinder ihrer Klasse eine gefestigte rechte Einstellung haben, bezweifelt Emilia S. aber, wie sie der Deutschen Welle sagte, und erklärt sich das Ganze eher mit fataler Gruppendynamik.

Was für Jugendliche in pubertärem Provokationswahn vielleicht gerade noch gelten kann, ist bei Erwachsenen allerdings nicht zu entschuldigen. Der Vorsitzende der AfD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung in Heusenstamm in Hessen, Carsten Härle, diffamierte Emilia S. auf Facebook wegen ihrer Anzeige wegen Volksverhetzung als Denunziantin und sprach ihr als junger Frau eigenständiges Denken ab, indem er ein Zitat aus dem Buch »1984« von George Orwell anbrachte. Dass es einen Unterschied zwischen justiziablen menschenfeindlichen Aussagen und freier Meinungsäußerung gibt, will er nicht gelten lassen.

Die zustimmenden Kommentare auf Härles Post überboten sich in Gewaltphantasien gegen Emilia S. Provokanter als antisemitische und rassistische Hetze zu äußern, ist es in AfD-Land und Dresden eben, gegen Antisemitismus und Rassismus Stellung zu beziehen. Ob eine Anzeige wegen Volksverhetzung zum Umdenken bei Antisemiten und Rassisten führt, sei dahingestellt. Immerhin finden sie das dann vermutlich nicht mehr witzig.