Putins Propaganda

Yes, he can

Im asymmetrischen Propagandakrieg um die Ukraine ist Wladimir Putin im Vorteil.

Viel Aufhebens wurde in der vorigen Woche vom Besuch des CIA-Direktors John Brennan in Kiew gemacht. Den einen galt er als Bestätigung dafür, dass der Sturz Viktor Janukowitschs das Werk der USA gewesen sei, die anderen freuten sich, dass der Westen nun endlich ernst macht, womit auch immer. Tatsächlich dürfte Brennans Dienstreise vornehmlich das gewesen sein, was man in der Politik ein Signal nennt, denn Staatsbesuche von Geheimdienstchefs sind nicht nur unüblich, sondern auch überflüssig. Welche Informationen die ukrainische Übergangsregierung und ihre Behörden angesichts der mutmaßlichen Infiltration durch russische Agenten erhalten, dürfte die US-Regierung entscheiden. Unklar ist allerdings, ob CIA, NSA und andere Geheimdienste des Westens, die offenkundig einmal mehr von den Ereignissen überrascht wurden, außer Satellitenaufnahmen nennenswerte Informationen haben.
Aber ist das überhaupt von Bedeutung? Wenn der russische Präsident Wladimir Putin nachträglich einräumt, auf der Krim Militär eingesetzt zu haben, aber vehement bestreitet, dies derzeit in der Ukraine zu tun, nachdem er Anfang März die Absicht, die Krim zu annektieren, geleugnet hatte, um es nicht einmal zwei Wochen später zu tun, sollte man meinen, dass ihm niemand mehr irgendetwas glaubt. Doch die Gewohnheiten des Kalten Krieges haben zumindest insoweit wieder Einzug gehalten, als jeder glaubt, was er glauben will oder sich verpflichtet fühlt zu glauben.
So hält sich hartnäckig die Ansicht, die USA hätten fünf Milliarden Dollar ausgegeben, um Viktor Janukowitsch zu stürzen. Sie bezieht sich auf Aussagen Victoria Nulands, Staatssekretärin im US-Außenministerium für europäische und eura­sische Angelegenheiten, die allerdings im November vorigen Jahres vor dem Senat sagte, im Haushaltsjahr 2013 seien über 100 Millionen Dollar an die Ukraine gezahlt worden. Die Ukraine hat seit 1991 im Durchschnitt knapp 400 Millionen Dollar jährlich erhalten. Warum war man dann ausgerechnet im Jahr der Vorbereitung des »Staatsstreichs« so knauserig?
Auch wenn man die veröffentlichten Beweise selbst meist nicht überprüfen kann, muss man das Denken nicht einstellen. Doch ist der Ukraine-Konflikt ein asymmetrischer Propaganda­krieg, in dem unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden. Der Westen kann nichts mehr geheimhalten, und würde US-Präsident Barack Obama so dreist und offensichtlich lügen wie Putin, müss­­te er mit einem Amtsenthebungsverfahren rechnen. Von Obama und der EU erwartet die prowest­liche Öffentlichkeit, dass sie Stärke zeigen, aber auch deeskalieren, und den Ukrainern helfen, ohne Geld auszugeben. Mission impossible. Putin hingegen muss nichts geheimhalten. Es schadet ihm nicht, dass er mit Morden wie der Vergiftung des russischen whistleblowers Alexander Litwinenko in Verbindung gebracht wird, denn entweder wird das Beweismaterial für manipuliert erklärt oder man hält ihm zugute, dass ein Staatsmann eben manchmal hart durchgreifen muss. Oder beides.
Unter dem westlichen Freihandelsregime müssen Politiker sich vornehmlich mit dem Wettbewerb um höhere Produktivität und bessere Kapitalverwertungsbedingungen befassen, so erscheinen sie der Öffentlichkeit als schwach. Putin hingegen kann nach Belieben Unternehmer einsperren und Gesetze gegen Homosexuelle erlassen, ohne sich um Feinheiten der Gewaltenteilung und politische Korrektheit scheren zu müssen. Er profitiert von diesem Image als ungebundener Machtmensch, was auch immer noch über seine Machenschaften enthüllt werden mag.