Marktorientiert

Autonomes Zentrum erneut verkauft von thomas schmidinger, wien

Die Renitenz der Bewohner und Aktivisten des Ernst-Kirchweger-Hauses (EKH), des einzigen autonomen Zentrums in Wien, hat sich ausgezahlt: Nach mehreren Demonstrationen und langwierigen Verhandlungen zwischen Bewohnern und Initiativen des EKH und Vertretern der Stadt Wien wurde am 6. Juli eine Einigung bekannt gegeben.

Es war Christian Neumayer vom Fonds Soziales Wien, der den Kauf des Hauses durch einen neuen Eigentümer verkündete. Über die Frage, wer denn nun der Käufer sei, schweigen sich die Beteiligten bislang jedoch aus. Peter Florianschütz, der als Bezirksrat im 10. Wiener Gemeindebezirk, in dem das EKH liegt, und Vorsitzender der dortigen Kulturkommission als Vermittler zwischen dem EKH und der Stadt Wien aufgetreten ist, will noch nichts über den Käufer verlauten lassen: »Momentan ist noch nicht alles unter Dach und Fach. Ich hoffe, dass bis Mitte Juli alles erledigt ist. Bis dahin werden wir aber sicher noch keine Namen nennen.« Schließlich soll die Rettung des EKH nicht noch in letzter Minute scheitern.

In der Wiener Szene wird zwar bereits heftig spekuliert, aber etwas Genaues weiß man nicht. Die Unterstützer des EKH geben daher auch noch keine Entwarnung. Bewohner betonten, dass es sich bei der nun angestrebten Lösung nur um eine Zwischenlösung handeln könne und das Haus rasch einem Trägerverein übergeben werden müsse. Tatsächlich soll bereits an einer solchen Konstruktion gearbeitet werden. Von Seiten des EKH werden nunmehr unbefristete Hauptmietverträge mit einem symbolischen Mietzins gefordert.

Sollte der erneute Verkauf wie geplant über die Bühne gehen, ist zumindest das Schlimmste, die Übernahme des EKH durch eine dubiose Firma mit rechtsextremen Kontakten, nicht mehr möglich. Die KPÖ verkündete auf ihrer Website bereits erfreut die Einigung und hofft damit wohl, ihren Verkauf des nach einem von Neonazis ermordeten Kommunisten benannten Hauses an ein ehemaliges Mitglied der »Aktion Neue Rechte« vergessen zu machen. Den Gewinn der Transaktion werden wohl die Rechten einstreichen. Der Preis des von der KPÖ weit unter dem Marktwert verkauften Hauses wird sich, wie Christian Neumayer bekannt gab, »am Marktwert orientieren«.

Immerhin, das Haus könnte so gerettet werden und damit auch ein Freiraum für politische und kulturelle Initiativen. Das neue EKH wird jedoch nicht das alte sein. Bereits ausgezogene politische Initiativen werden kaum wieder zurückkehren. Die Beziehungen der Bewohner und Nutzer zum neuen Hauseigentümer werden wohl formaler gestaltet werden müssen als die zum Alteigentümer KPÖ. Erste Anzeichen für eine Professionalisierung und damit auch für eine Hierarchisierung der Strukturen wurden bereits unmittelbar nach der Verkündung der Einigung erkennbar. Das EKH wird damit wohl den Weg anderer legalisierter Projekte gehen. Auch Autonome, die einer solchen Entwicklung kritisch gegenüberstehen, werden zugeben müssen, dass dies angesichts der vorhandenen Alternativen das geringere Übel wäre, um das EKH als Projekt zu retten.

Ob das Verhalten der KPÖ gleich wieder dem kurzen Gedächtnis der Wiener Linken anheimfällt, wird sich das erste Mal bei dem Anfang September stattfindenden Volksstimme-Fest erweisen. Die ansonsten mit Autonomen kaum befreundete trotzkistische Sozialistische Alternative hat bereits ihren Boykott angekündigt und auch den Rest der Linken aufgerufen, »sich nicht an diesem Fest zu beteiligen, dessen Akzeptanz auch ein Abfinden mit dem EKH-Verkauf bedeutet«.