Lange Nase

EU-Abkommen mit Syrien von hannah wettig

Es könnte so aussehen, als leisteten sich die Europäer mal wieder eine kleine Konfrontation mit den Amerikanern. Während die USA mit schärferen Sanktionen gegen Syrien drohen, schloss die EU am Dienstag vergangener Woche ein Assoziierungsabkommen mit Damaskus. Die USA werfen Syrien vor, Terroristen zu unterstützen und das Einsickern von bewaffneten Gruppen in den Irak nicht zu unterbinden. Schon im Frühjahr haben die USA deshalb Sanktionen verhängt.

Die EU hingegen treibt regen Handel mit Syrien und will ihn nun noch ausdehnen. Mit dem Assoziierungsabkommen werden Handelsbarrieren abgeschafft und wirtschaftliche Reformen unterstützt. Es ist Voraussetzung für eine Freihandelszone, die bis zum Jahr 2010 im Mittelmeerraum entstehen soll – als Ergebnis des 1995 gestarteten so genannten Barcelona-Prozesses. Ein formuliertes Ziel dieses Prozesses ist es, demokratische Reformen in den repressiven Regimes der arabischen Staaten der Mittelmeer-Region voranzutreiben.

Die Europäer konnten auf diesem Gebiet allerdings bisher kaum Erfolge vorzeigen. Die ökonomische Liberalisierung schreitet voran, bei gleich bleibend schlechter Menschenrechtslage, wird aber häufig als Demokratisierung verkauft.

Syrien hat nun als letztes der am Prozess beteiligten Länder ein Abkommen unterzeichnet. Rege Wirtschaftsbeziehungen mit Syrien sind allerdings keinesfalls neu, und der Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens ist ein Zufall. Kooperiert wird schon seit 1977. Syrien liefert 55 Prozent seiner Exporte in die EU. Das Land liefert vor allem Gas und Petroleum. Aber auch zehn Prozent der von der EU importierten Baumwolle stammen aus Syrien.

Schon im Dezember vergangenen Jahres lag das Assoziierungsabkommen vollständig ausgearbeitet vor. Doch dann forderte Großbritannien, unterstützt von Deutschland und den Niederlanden, Nachbesserungen. Die Klauseln zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen sollten, aufgrund eines Beschlusses des EU-Ministerrats im November, verschärft werden. Syrien stellte sich stur mit dem Hinweis, dass auch andere Staaten und insbesondere Israel eine derartige Klausel nicht hatten unterzeichnen müssen. Dabei wollten die Briten nur, dass sich Syrien bereit erklärt, »Schritte zu unternehmen«, um die entsprechenden Abkommen zu unterzeichnen. Bindend wäre das nicht gewesen.

Insofern war es nur eine Frage der Zeit, bis der syrische Präsident die Änderung ohne Gesichtsverlust akzeptieren konnte. Bashar Assad will sein Land aus der internationalen Isolation holen, schon aus wirtschaftlichen Gründen. Darum bemüht er sich um gute Beziehungen zur Türkei und den Golfstaaten. Im vergangenen Jahr hat er sogar einen vorsichtigen Versuch unternommen, mit Israel zu verhandeln.

Nur mit den USA legt er sich scheinbar gerne an. Nach der von den USA und Frankreich durchgesetzten UN-Resolution, die verlangt, dass Syrien seine Truppen aus dem Nachbarland Libanon abzieht, hat Assad diese nur ein wenig umstrukturiert. Nun hat auch noch der proamerikanische Premierminister im Libanon abgedankt und ist am Donnerstag durch einen prosyrischen Premier ersetzt worden. Der Zeitpunkt mag Zufall sein. Doch man könnte auch denken, dass das EU-Assoziierungsabkommen Assad die Möglichkeit gab, den USA mal wieder die lange Nase zu zeigen.