NPD-Kontaktmann William Pierce

Musik Heil!

Die NPD pflegt intensive Kontakte zum US-Nazi William Pierce, der mit Antisemitismus und Terror seine Geschäfte macht.

Glauben Sie mir«, so tönt es über Kurzwelle, und so liest man es im Internet, »wenn die Weißen Amerikaner nicht schon von Moral-Aids zerstört wären, und ihre Regierung sich nicht so verhielte, wie die Clinton-Regierung es tut, dann hingen die faulenden Körper der Politiker, Richter und Bürokraten von jedem Laternenpfahl und Strommast in Washington. Die Hauptquartiere der Medienkonzerne in New York und Washington wären ausgebrannte Ruinen, und das Blut der dort Beschäftigten flösse knöcheltief durch die Kanäle um die Ruinen. Alle Innenstädte und nicht-weißen Quartiere in Amerika wären abgeriegelt, während bewaffnete Einheiten von Tür zu Tür zögen. Die ethnischen Säuberungen im Kosovo sähen im Vergleich dazu wie ein Sonntagspicknick von Schülern aus. Das würde geschehen, wenn wir eine gesunde und moralische Nation wären, und nicht eine kranke Nation, die von den Verbreitern des Moral-Aids zerstört worden ist.« Der sich da äußert, ist keine x-beliebige Figur der US-Rechtsextremen, die manchmal nur schwer von den schlechten Karikaturen stilisierter Film-Nazis zu unterscheiden sind. Der da spricht, ist Dr. William Pierce - als Führer der National Alliance wichtigster Kontaktmann der NPD in den USA. Die NPD schätzt den Herrn Doktor. Im offiziellen Jubelwerk zum 35jährigen Bestehen der Partei ist Pierce mit einem Grußwort vertreten. Er war mehrfach Gast bei Veranstaltungen der NPD und der Jungen Nationaldemokraten (JN). Im Oktober 1997 trat er beim »4. Europäischen Kongreß der Jugend« der JN in Fürth auf. Beim Bundeswahlkongress der NPD im Februar 1998 in Passau wurde er vom Bundesvorstandsmitglied Holger Apfel als Ehrengast begrüßt. Auch beim »6. Europäischen Kongreß der Jugend« im niederbayerischen Falkenberg konnte ihn der JN-Vorsitzende Sascha Roßmüller als Gast willkommen heißen und die internationalen Kontakte der NPD-Jugendorganisation rühmen. Pierce kann auf eine Führungsrolle im US-Nazismus seit den sechziger Jahren zurückblicken. Der gelernte Physiker gab 1966 seinen Job auf, um bei der American Nazi Party (ANP) in Arlington in Dienst zu treten. Die ANP wurde 1959 von George Lincoln Rockwell (1918-1967) gegründet, sie agierte über die 1962 ins Leben gerufene World Union of National Socialist auch international. Pierce arbeitete als Redakteur der Zeitschrift National Socialist World. Nach der Erschießung Rockwells wurde er zu einer der zentralen Figuren der ANP. Im Unterschied zu seinen Konkurrenten um die Führungsrolle setzte er auf die Strategie des rechten Terrors. Pierce verließ 1970 die ANP, die zwischenzeitlich in National Socialist White People's Party (NSWPP) umbenannt worden war, und schloß sich der National Youth Alliance an. Dort zog Willis Carto, Kopf der antisemitischen Liberty Lobby, im Hintergrund die Fäden. Pierce überwarf sich mit Carto und übernahm die Führung. Mit zunehmendem Alter der Mitglieder wurde die »Jugend« aus dem Organisationsnamen gestrichen - die National Alliance war geboren. Sie verfügt über eine ausgeprägte Infrastruktur, in der Gesinnung und Geschäft in Einklang gebracht werden. Die von ihm forcierte Terrorstrategie setzt Pierce auch in literarische Fiktion um. 1978 veröffentlichte er unter dem Pseudonym Andrew Macdonald den Roman »The Turner Diaries«. Die »Turner-Tagebücher« gelten als Blaupause für Terroranschläge. So stellt der US-amerikanische Neonazi Michael Moynihan wohlwollend fest, die Terrortruppe The Order sei bei ihren Anschlägen von Pierce inspiriert worden. Moynihan ist in der rechten Musikszene durch sein Projekt Blood Axis bekannt. Auch der für das Attentat von Oklahoma im Jahr 1995 verantwortliche Timothy McVeigh schätzt das Buch. Von den Kameraden der Nazi-Postille Zentralorgan direkt auf möglichen Einfluss angesprochen, meinte Pierce: »Ich hoffe doch sehr, daß meine Schriften und ich Einfluss auf das Leben der amerikanischen Gesellschaft ausüben.« Als Fortführung der »Turner Diaries« erschien 1989 wieder unter Pseudonym »Hunter«. Das Buch ist dem rassistischen Mörder und Bombenattentäter Joseph Paul Franklin gewidmet. 1984 erwarb Pierce ein Anwesen in West Virginia, das seit Ende 1985 als Parteizentrale fungiert. Zur Steuerersparnis gründete Pierce die Cosmotheist Community Church. Außerdem ist er seit Dezember 1991 mit seinem Programm American Dissident Voices auf Kurzwelle und im Internet präsent. Der Verlag und Versand National Vanguard Books, der Hitlers »Mein Kampf« ebenso wie Nazi-Comics verkauft, hat auch Pierces literarische Werke im Angebot. Ende 1999 stieg Pierce groß in das Geschäft mit Nazi-Musik ein. Er erwarb die Firmen Resistance und Nordland. Um seine Geschäfte gegenüber seinem Stammpublikum, das Rockmusik durchweg für entartet hält, zu legitimieren, legte er ein Grundsatzpapier über »Musik der Rebellion« vor: Er vertreibe neben deutscher Marschmusik und rechtem Country nun auch als »Widerstandsmusik« bezeichneten Nazi-Rock. Mit dieser resistance music schlage er den Feind mit dessen eigenen Waffen. Bei den Hörern von resistance music handele es sich zwar um »entfremdete junge Amerikaner«, doch dank ihres »Stammesinstinktes« wehrten sie sich noch gegen den Multikulturalismus der Musikindustrie. Seit den fünfziger Jahren hätten »die Juden« »weiße musikalische Formen durch schwarze Musik ersetzt«. Heute werde Weißen Rap schmackhaft gemacht. Der Tiefpunkt des Nihilismus sei mit Death Metal und Satanismus erreicht. Daher legt Pierces junger deutscher Kamerad Henrik Möbus (Jungle World, 46/00) neuerdings Wert darauf, kein Satanist zu sein. Pierce schafft es, »den Juden« noch das Massaker an der Schule von Littleton 1999 in die Schuhe zu schieben. Marilyn Manson, »der bekannteste Künstler satanistischer Musik«, habe die Attentäter inspiriert. Er werde von Interscope vertrieben, Interscope gehöre den Universal Studios und deren Besitzer sei Edgar Bronfman Jr. Womit die Zersetzung der moralischen Grundlagen Amerikas durch »die Juden« für Pierce bewiesen ist.