Jean Marais ist tot

Zu Jean Marais fällt einem sofort auch Jean Cocteau ein und die zärtliche Beziehung, die beide jenseits "von Zweideutigkeiten" (Marais) miteinander verband. "Die Wohnung der Rätsel" nannten sie die Suite an der Place de la Madeleine, Nummer 19, in Paris, in der sie nur eine Tür, unter der Cocteau nächtens seine Gedichte an den Freund durchschob, voneinander getrennt habe.

Gymnasium, Klosterschule, Lehre, Militärzeit hatte Jean Marais, eigentlich Marais-Villain, 1913 in Cherbourg geboren, hinter sich, als er sich anschickte, Schauspieler zu werden und bei etlichen Filmproduzenten, die seine Schönheit nicht zu schätzen wußten, Fotografien hinterließ. Und "nicht einmal die bescheidenste Komparsenrolle war dabei herausgesprungen", schreibt Marais in seiner Biographie "Spiegel meiner Erinnerung". In Jean Cocteaus "Ödipus"-Inszenierung 1937 trat Marais zum ersten Mal auf der Bühne auf, als der Held Galahad: "Ich hatte eine Hauptrolle! Durfte mir alle Hoffnungen machen." Seitdem spielte Marais in zahlreichen Bühneninszenierungen und mehr als 70 Filmen, darunter "La Belle et la bte" (1945), "Les Parents terribles" (1948) und "Orphée" (1949), und arbeitete daneben als Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner, als Maler und Architekt.

"Jean, ich weine nicht. Ich werde schlafen und dich dabei ansehen und sterben, denn von nun an werde ich nur so tun, als lebte ich", schrieb Jean Marais zum Tod Jean Cocteaus. Mit diesen Zeilen an seinen Geliebten antwortete Marais auf Cocteaus "Testament d'Orphée", worin es heißt: "Tut so, als weintet ihr, meine Freunde, denn der Dichter tut nur so, als wäre er tot."

Jean Marais ist vergangene Woche im Alter von 85 Jahren verstorben.