Warum Fußball in den USA langweilig ist

Soccer sucks

Was? Fußball - langweilig? Kann doch eigentlich nicht sein, schon gar nicht in einem Land, wo große Teile der Bevölkerung freiwillig Baseball gucken. Trotzdem, die US-Amerikaner halten Soccer für eine der langweiligsten Sportarten überhaupt. Wer während der letzten WM das Pech hatte, eine Fußball-Übertragung der großen US-Sender sehen zu müssen, kann sich vorstellen, warum. Denn dort ist - nein, dort wirkt Fußball ziemlich langweilig. Das liegt am Spielkommentar, der so läuft: "Die Nummer fünf hat den Ball. Nummer fünf, das ist - ach ja, das ist ja derÖ" - Papierrascheln - Stille.

"Ein Paß." Stille.

"Ein Schuß - nein, doch nicht, aus." Stille.

Dann, an den obligatorischen Co-Moderator, einen Fußballprofi oder Schulcoach, der wahrscheinlich - vom immergleichen Tonfall des Kommentators eingelullt - bereits döst: "Können Sie uns vielleicht noch mal die Abseitsregelung erklären?" Und dann kommt irgendwann das, was man von Baseballübertragungen kennt: Spannende Statistiken wie "Das Team von Uruguay hat in ungeraden Jahren gegen Teams aus dem westlichen Nordeuropa in der zweiten Halbzeit fast nie mehr als ein Tor geschossen."

Immerhin gibt es für Fußball-Fans in Teilen der USA noch eine andere Möglichkeit, und die heißt Univision. Univision ist ein spanischsprachiger Fernsehsender in Miami, der nicht nur Telenovelas, sondern auch Fußball überträgt. Dort kommentiert ein Mann, der David Letterman einmal erzählt hat, Fußball sei die erotischste Sache der Welt - und der höchst erstaunt war, als der Talkshow-Host das partout nicht verstehen wollte. Man guckt sich also ein Spiel auf ABC an, bei dem, nach dem Tonfall des Reporter zu urteilen, absolut gar nichts zu passieren scheint - die regen sich ja nicht mal ein bißchen auf. Also: Klick, umschalten zu Univision - und peng! Da ist was los, das Spielfeld wird lebendig, eine spannende Begegnung, paß auf, da kommt wer, da schießt wer - der Ball ist aus!! Die Begeisterung, mit der das Spiel kommentiert wird, führt dazu, daß man zunächst denkt, das spanische Wort für "Ball im Aus" sei in Wirklichkeit ein ganz schrecklicher Fluch.

Aber auch für diejenigen, die kein Spanisch und nur wenig vom Fußball verstehen, ist Univision ABC durchaus vorzuziehen. Dort kann man wenigstens das Wesentliche verstehen, nämlich, daß das spannend ist, was auf dem Spielfeld passiert - selbst wenn's kein Tor wird. Denn ein Spiel steht und fällt zwar nicht unbedingt mit dem Kommentar, aber bei Menschen, die zum ersten Mal Fußball gucken, macht er viel aus.

Es ist schon schlimm genug, daß einige der Kommentatoren in den großen US-Sendern (also nicht Univision oder ESPN) überhaupt eine Ahnung von den Regeln, geschweige denn von Strategie und Ästhetik des Fußballs haben. Schlimmer noch ist, daß ihnen offensichtlich am Spiel nichts liegt, ihnen nicht nur Sieger und Verlierer, sondern auch der Fußball an sich ziemlich am Arsch vorbei geht. Dabei ist es - wieder: vor allem bei Fußballeinsteigern - nicht so wichtig, was der Kommentator sagt, sondern wie er es sagt: Er muß mit "passion" bei der Sache sein, er muß vermitteln können, daß das Spiel spannend ist, und er muß es auch lieben. Wenn er's unglaublich erotisch findet, um so besser. Aber so, wie die großen US-Sender Fußball übertragen, wird Fußball für die US-Amerikaner bis in alle Ewigkeit langweilig bleiben.