Besuch einer Herberge in der ecuadorianischen Stadt Cuenca, in der venezolanische Flüchtlinge unterkommen

Unerwünschte Gäste

Seite 2 – Ausgebeutete Billigarbeitskräfte

Diese Menschen gibt es auch heute noch, aber es sind deutlich weniger als früher und so ist die Posada zur Anlaufstelle für Migranten aus dem ­benachbarten Kolumbien und in den vergangenen Jahren auch aus Vene­zuela ­geworden. Es ist die einzige Herberge für Migranten der Kolonialstadt Cuenca, die Hauptstadt der Provinz Azuay lebt vor allem vom Tourismus. In Cuenca wird zudem mit Milch, Käse, Obst und Gemüse aus der frucht­baren Region gehandelt, der größte Markt der Stadt befindet sich nahe der Kirche. Dort, rund 200 Meter entfernt von der Kirche San Francisco, befindet sich auch die Herberge. Über einen Innenhof ist die Posada mit dem Gemeindezentrum und der Kirche verbunden. An den Verwaltungsbüros der Gemeinde und der Wohnung des Pfarrers geht es vorbei bis zu einer Metalltür, dem Zugang zur Herberge.

Moreno zieht seinen Schlüsselbund hervor und öffnet die Tür. In der Küche steht der Koch Douglas und beseitigt mit einer Kollegin die Reste des Frühstücks. Die Übernachtungsgäste sind längst gegangen. »Nach dem Frühstück müssen sie die Posada verlassen. Ab 18 Uhr öffnen wir dann wieder«, erläutert der Pfarrer. Rund 50 Schlafplätze hat die Herberge. »Oft zu wenig und deshalb denken wir über die Anschaffung von Etagenbetten nach, denn anders lässt sich die Kapazität nicht erhöhen – es fehlt an Platz«, so Moreno. Dann weist er den Weg durch das Haus. Eine Handvoll Schlafräume mit jeweils einem Dutzend Betten gibt es, die bereits wieder frisch bezogen sind. Neben den Gemeinschaftsbädern laufen in der Wasch­küche die Maschinen und im Innenhof, wo sich die Gäste aufhalten können, hängen Bettlaken. Gegenüber befindet sich der großzügig bemessene Speisesaal mit Fernseher, die Küche ist professionell ausgestattet. Douglas steht in der blütenweißen Kluft eines Kochs am Herd und deutet auf ein ­Tablett mit zwei Gläsern frischen Mangosafts und einem Teller mit Keksen. »Eine kleine Stärkung«, sagt er mit ­einem freundlichen Lächeln und wendet sich wieder den Töpfen zu, die auf dem Herd stehen. »Jeden Tag gehen zwischen 120 und 180 Essen hier raus und wir geben uns Mühe, nicht nur gut zu kochen, sondern legen auch Wert auf gastronomischen Service. Wir wollen mehr als eine Herberge sein«, sagt der Pfarrer und nippt an seinem Saft.

Allerdings ist das Geld knapp. Die Kirche selbst verfügt nur über geringe Mittel. Seit drei Monaten kommt das UN-Flüchtlingshilfswerk für das Essen auf, ansonsten ist die Posada auf Spenden angewiesen. »Es gibt keinen Etat von der Regierung in der Hauptstadt Quito für die Versorgung der Flüchtlinge. Wir haben zumindest noch nie etwas von dort erhalten«, sagt Moreno. Dabei hat die ecuadorianische Regierung bereits im November 2018 ein Programm für die Versorgung der Migranten aus Venezuela angekündigt. 300 000 sollen mittlerweile in Ecuador leben, das nach Kolumbien und Peru das wichtigste Aufnahmeland ist. Doch staatliche Aufnahmeeinrichtungen für die Flüchtlinge aus Venezuela, wo die politische und ökonomische Krise weiter anhält, gibt es nicht.