Besuch einer Herberge in der ecuadorianischen Stadt Cuenca, in der venezolanische Flüchtlinge unterkommen

Unerwünschte Gäste

Seite 5 – Immer weniger willkommen

Hier möchte Montero, der Leiter der Posada, ansetzen. Er hat ein Konzept für ein Ausbildungszentrum für Jugendliche erarbeitet und es dem UN-Flüchtlingswerk und der Regionalregierung vorgelegt. »Ohne Qualifikation haben die ­Jugendlichen aus Venezuela kaum eine Chance, also müssen wir sie qualifizieren«, sagt er. Tischler, ­Mechaniker, Elektriker, Klempner und weitere Handwerker sollen dort in ein paar Monaten ausge­bildet werden, insgesamt sind es 15 Berufe. Beim UN-Flüchtlingswerk kam das Projekt gut an, auch Caritas International würde Geld geben, nur die ­Regional- und die Zentralregierung hätten sich noch nicht zurückgemeldet –obwohl Montero schon ein Grundstück ausgesucht hat.

Das Zögern sei nicht ungewöhnlich für die staatlichen Stellen, die sich schwertun, Projekte zu schaffen, so Burbano. »Immer öfter werden die Migranten als Sicherheitsrisiko angesehen statt als humanitäre Herausforderung. Wir bewegen uns zurück«, mahnt der 47jährige. Ein Beleg dafür sei, dass ­Ecuador nun gültige Dokumente von den Neuankömmlingen verlangt, um ein Visum zur Einreise auszustellen.

Doch gültige Papiere haben nur ­wenige der Neuankömmlinge, sie können somit die Voraussetzungen für das seit dem 26. August nötige Visum zur Einreise nicht erfüllen. Peru verlangt bereits seit Anfang Juni gültige Papiere von den Migranten aus Vene­zuela. Burbano hält das für einen Rückschritt und aus humanitärer Perspektive bedenklich: »Das widerspricht der Freizügigkeit des Reisens, die die lateinamerikanischen Staaten einst vereinbart hatten – Modell war damals die Europäische Union.« Die Staaten der Andengemeinschaft und der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur hatten eigentlich vereinbart, dass ihre Bürger sich bei Reisen in andere Mitgliedsländer nur mit dem Personalausweis ausweisen müssen.
Die humanitäre Krise in Lateinamerika könnte sich also verschärfen. Die Vereinten Nationen prognostizieren, dass sich die Zahl der Flüchtlinge aus ­Venezuela in den Nachbarländern bis Ende 2020 auf acht Millionen verdoppeln könnten. Nur sind sie immer weniger willkommen.