Sonntag, 25.06.2023 / 12:01 Uhr

Orient Institut: Israelbykotteur als neuer Chef?

Homepage des OIB, Bildquelle: Screenshot

Wie die Welt aufdeckte soll der neue Chef des Deutschen Orient Institutes in Beirut aktiv für einen Boykott Israels geworben haben.

 

Ausdrücklich habe der Historiker Jens Hanssen, um den es geht, auch explizit zum Boykott israelischer Akademikerinnen und Akademiker aufgerufen:

Seine Äußerungen gegen Israel gehen teils schon einige Jahre zurück. Im August 2014 trat er öffentlich für ein Ende der Zusammenarbeit mit israelischen Forschungseinrichtungen und Universitäten ein. Aufgrund der „fortlaufenden israelischen Massaker in Gaza“ kritisierte er mit über 100 Wissenschaftlern aus den Nahoststudien die israelischen Forscher. Diese würden zumeist schweigen ob des Handelns des israelischen Militärs. (...)

Im Offenen Brief, den Hanssen unterschrieb, wird ein Boykott israelischer Institutionen gefordert. Forscher sollen demnach weder mit ihnen kooperieren noch an Veranstaltungen mit Beteiligung israelischer Einrichtungen teilzunehmen oder in israelischen Forschungszeitschriften veröffentlichen. Bis die israelischen Institutionen ihre „Komplizenschaft im Verletzen palästinensischer Rechte“ beenden würden.

2010 moderierte Hanssen einen Vortrag von Omar Barghouti an der Universität Toronto. Barghouti ist Mitbegründer der Kampagne „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS), die eine weltweite Isolierung Israels anstrebt, unter anderem eben durch Boykotte. Hanssen nannte es dort ein „großes Privileg und immense Freude“, Barghouti zu empfangen.

Auch im nordamerikanischen Dachverband „Middle East Studies Association“ (MESA) warb Hanssen für einen Israel-Boykott. In dem nordamerikanischen Forschungsnetzwerk haben sich 50 Institutionen und 2800 Einzelpersonen zusammengeschlossen. Und 2022 beschloss der Verband wiederum, die BDS-Kampagne zu befürworten. Hanssen ist Mitglied des MESA-Vorstands.

Der Zentralrat der Juden intervenierte deshalb und forderte die Max Weber Stiftung, Trägerin des Orient Institutes, auf die Entscheidung zu überdenken:

Das Orient-Institut in Beirut müsse als „so wichtige gesellschaftliche und wissenschaftliche Schnittstelle“ entsprechend im Sinne des Austauschs besetzt werden – „gerade, wenn eine Institution unmittelbar durch die deutsche Bundesregierung finanziert wird“.

Nun geht es aber nicht nur um BDS, sondern ganz konkret auch die Forderung zum akademischen Boykott. Was diese Akademiker unter anderem wollen, ist nämlich das deutsche Institutionen israelische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler boykottieren. Darunter fielen dann auch all die, deren Eltern oder Großeltern vor den Nazis nach Palästina flohen - ansonsten wären sie, wie all die, die dies nicht mehr schafften, der deutschen so genannten Endlösung zum Opfer gefallen. Und dann entscheiden die Nachfahren derjenigen, die diese Endlösung organisiert hatten, dass die Nachfahren derer, die sie überlebten, boykottiert werden sollen.

Diese Erkenntnis ist nicht neu und wurde an dieser Stelle schon anlässlich der Verleihung des Adorno Preise an Judith Butler formuliert.

(Und nur zur Erinnerung: Es waren jüdische Wissenschaftler, die als erstes 1933 aus deutschen Hochschulen entfernt wurden. Schließlich gab es auch keine Berufsgruppe, in der es prozentual so viele Mitglieder der NSDAP 1933 gab, wie unter deutschen Professoren, von denen nicht gerade wenige sich am 11. November 1933 mit dem unvergessenen "Bekenntnis zu Adolf Hitler" zu Wort meldeten.)

Apropos Orient Institut: Das veranstaltete 2004 zusammen mit der Friedrich Ebert Stiftung eine Konferenz, an der die Hizbollah ebenfalls beteiligt war. Damals schrieben Thomas und ich:

Vom 17. bis 19. Februar soll im deutschen Orient-Institut Beirut eine Konferenz unter dem paradigmatischen Titel »The Islamic World and Europe: From Dialogue towards Understanding« stattfinden, organisiert von der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem Orient-Institut in Kooperation mit dem Consultative Center for Studies and Documentation (CSSD) sowie der österreichischen Botschaft. Wie kurz der Weg vom »Dialog« zum »Verständnis« ist, zeigt die Liste der geladenen Referenten. Neben den deutschen Experten Michael Lüders, Helga Baumgarten und Volker Perthes referieren u.a. Sheikh Naeem Quasim von der Hizbollah, Tariq Ramadan sowie Azzam al-Tamimi vom britischen Muslim Council. Spannung verspricht auch der Vortrag von Jamal al-Banna, dem Bruder des Gründers der Muslimbruderschaft, der über »Demokratie – ein flexibles Konzept« sprechen wird.

Flexibilität oder doch zumindest Geschmeidigkeit im sprachlichen Umgang mit dem islamistischen Terror zeichnet auch die Konferenz aus, hat doch die Friedrich-Ebert-Stiftung dafür gesorgt, dass nur der reflektierte Islamismus aufs Podium darf, während das vermummte Fußvolk draußen in der Bekaa-Ebene warten muss. »Besatzung und Widerstand«, heißt beispielsweise die Diskussionsrunde mit Michael Lüders und Ali Fayyad vom Hizbollah Think Tank CSSD. Der Untertitel lautet: »eine differenzierte Perspektive«.