Mittwoch, 01.05.2019 / 21:08 Uhr

Schutz und Unterstützung für Jesiden

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In der NZZ fordert Inga Rogg Unterstützung von jesidischen Frauen und ihren Kindern:

Der Hohe Geistliche Rat der Jesiden hat international viel Lob erhalten für seine Entscheidung, nicht nur den vom Islamischen Staat (IS) verschleppten Frauen eine Rückkehr zu ermöglichen, sondern auch deren von IS-Kämpfern gezeugten Kindern. Es erschien als ein Zeichen der Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten.

Mehr als alles andere brauchen die Jesiden effektive Unterstützung. Dabei sind Europa und auch die Schweiz gefordert.

Doch jetzt hat der Rat einen Rückzieher gemacht. Die Erklärung sei falsch interpretiert worden. Die Kinder der Vergewaltiger seien nicht gemeint, sondern nur die von jesidischen Eltern, erklärte der Rat am Wochenende. Die Empörung unter Menschenrechtlern ist gross. Von Schande ist die Rede.

Für die überlebenden Frauen ist die Kehrtwende tatsächlich ein herber Schlag. Sie werden gewissermassen doppelt gestraft und mit ihren Gewissensbissen und Qualen alleingelassen. Die Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad, selber ein Opfer, hat an die jesidische Führung appelliert, den Beschluss zu überdenken.

Sie verstehe, dass dies für die Jesiden eine extrem schwierige Entscheidung sei, sagte Murad. Doch solle man diese den Kindsmüttern und deren Familien überlassen. Es gehe um eine humanitäre und internationale Frage. Sie hat recht. Mehr als alles andere brauchen die Jesiden effektive Unterstützung. Dabei sind Europa und auch die Schweiz gefordert.

Für die überlebenden Frauen und ihre Kinder wird es auf absehbare Zeit im Irak keine Zukunft geben. Viele Jesiden sehen in den Kindern die «Brut des IS» und lehnen sie ab. Ähnliches hatte sich schon in Konflikten wie in Rwanda oder Bosnien gezeigt. Europa und die Schweiz sollten diesen Frauen Zuflucht und Schutz gewähren.

Baden-Württemberg hat vor Jahren vorgemacht, wie es geht, als es 1100 traumatisierte Jesidinnen aufnahm, unter ihnen Nadia Murad. Zudem müssen Deutschland und die Niederlande ihre Asylpolitik überdenken. In beiden Ländern werden jesidische Asylsuchende neuerdings vermehrt abgelehnt – mit dem Verweis, der kurdische Teilstaat im Nordirak sei sicher.

Sicherheit ist freilich mehr als ein Zeltdach über dem Kopf und Hilfspakete. Weil sich Bagdad und die Kurden um Sinjar und die Dörfer der Jesiden streiten, kommt der Wiederaufbau nicht voran. Als wichtige Geldgeber können die Europäer hier Druck ausüben – und sie sollten ernsthaft über Schutzgarantien nachdenken.