Hiromi Itō denkt in ihrem Familienroman »Hundeherz« über Fürsorge nach

Wenn’s so weit ist

In ihrem neuen Roman »Hundeherz« widmet sich die japanische Schriftstellerin Hiromi Itō den Themen Vergänglichkeit und Tod und untersucht zugleich die Beziehung von Mensch und Tier.

Hiromi Itō ist die hippieske Grande Dame der japanischen Gegenwartsliteratur. Mit innovativen Literaturperformances, tabuisierten Themen und unverblümtem Stil mischte sie Anfang der Achtziger den Laden auf. Sie adressierte Themen wie den weiblichen Körper, Schwangerschaft, Abtreibung und Ärger mit Männern, wurde als kämpferische »Ökofeministin« sowohl gefeiert als auch angefeindet.

Kurz nachdem sie »Papa ist schlecht gelaunt«, einen Roman über ihren Ehemann, den Vater ihrer drei Töchter, veröffentlichte, ließ sie sich scheiden und zog mit den Kindern nach Kalifornien, wo sie mit ihrem zweiten Ehemann bis zu dessen Tod zusammengelebt hat.

»Als mein Vater und meine Mutter starben, wurde ihr Tod mit Schminke und Ritualen verziert, versteckt und unsichtbar gemacht. Aber in Takes Fellgesicht und ihren Pfoten war der Tod ganz und gar präsent.«

Ihr neuer Roman »Hundeherz« schreibt die bereits in »Dornauszieher« begonnene Familiengeschichte nach dem Tod des Ehemanns fort. Unerschrocken widmet die Autorin sich den Themen Vergänglichkeit und Tod und untersucht zugleich die Beziehung von Mensch und Tier. Zentrale Figuren sind neben den Töchtern und dem alten Vater auch die drei Hunde Take, Nico und Louis sowie der Vogel Pi-chan. Parallel zum langsamen Abschied vom Vater erzählt Itō vom Siechtum der geliebten Schäferhündin Take.

Hiromi Itō, 1955 in Tokyo geboren, zählt zu den wichtigsten japanischen Autorinnen der Gegenwart (Foto von 2008)

Hiromi Itō, 1955 in Tokyo geboren, zählt zu den wichtigsten japanischen Autorinnen der Gegenwart (Foto von 2008)

Bild:
Photograph of the poet Hiromi Ito, Foto: Jeffrey Angles, Wikimedia, Lizenz: CC-BY-SA 3.0 de (Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode) [cropped]

Itō reflektiert den gesellschaftlichen Umgang mit dem Tod, vergleicht japanische und westliche Vorstellungen vom Sterben und Abschiednehmen und denkt über Trauerzeremonien, Kitsch und Pathos nach. Die »Andersartigkeit« von Tieren, meint Itō, werde auf eine angstbehaftete Weise betont, dabei sei das Animalische und mit ihm der Tod als etwas aufzufassen, das jeden Menschen betrifft.

Im Kapitel »Es ist so weit« schreibt Itō: »Als mein Vater und meine Mutter starben, wurde ihr Tod mit Schminke und Ritualen verziert, versteckt und unsichtbar gemacht. Aber in Takes Fellgesicht und ihren Pfoten war der Tod ganz und gar präsent.«

Trotz der schwierigen Thematik liest sich »Hundeherz« alles andere als bleiern.


Buchcover

Hiromi Itō: Hundeherz. Aus dem Japanischen von Irmela Hijiya-Kirschnereit. Matthes &  Seitz, Berlin 2024, 237 Seiten, 20 Euro