Borussia Dortmund hat einen Sponsorenvertrag mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall abgeschlossen

Fußballsponsor Rheinmetall

Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall hat mit dem Bundesligisten Borussia Dortmund einen Sponsorenvertrag abgeschlossen. Die Vereinbarung sorgt für Gesprächsstoff.

In der Abendsonne seiner Karriere als Geschäftsführer von Borussia Dortmund (BVB) ist Hans-Joachim »Aki« Watzke, der im Sommer kommenden Jahres seine Tätigkeit beim BVB beenden will, ein ganz besonderer Coup gelungen: Watzke zog einen Sponsorenvertrag mit dem Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall an Land. Zwar werden die Borussen im kommenden Jahr nicht mit dem Rheinmetall-Schriftzug auf dem Trikot auflaufen, dafür reicht der einstellige Millionenbetrag, den sich der Konzern sein Engagement bei den Dortmundern kosten lässt, nicht aus, aber Rheinmetall-Werbesprüche wird man bald auf den Banden des Signal-Iduna-Parks, im Volksmund immer noch Westfalenstadion genannt, lesen können.

Rheinmetalls Geschäfte laufen gut, das Geld für die Borussen kann man in Düsseldorf wohl aus der sprichwörtlichen Portokasse nehmen: Lag der Umsatz 2013 noch bei 2,2 Milliarden Euro, konnte er 2023 auf 7,2 Milliarden gesteigert werden.

Die Vereinbarung polarisiert: Der 1889 gegründete Konzern Rheinmetall ist vor allem für seine Rüstungssparte bekannt, der er sein starkes Wachstum seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine zu verdanken hat. Im Auftrag der Bundesregierung und der Ukraine liefert das Unternehmen Munition, Kampfpanzer der Typen Leopard 1 und 2 sowie den Schützenpanzer Marder an das um sein Überleben kämpfende Land.

Insgesamt profitiert Rheinmetall von den in den westlichen Staaten als Reaktion auf Russlands expansionistische Politik hochgefahrenen Verteidigungsinvestitionen. Stolz präsentiert sich das Unternehmen auf seiner Homepage als »starker Partner der Ukraine«. Das war nicht immer so: 2014, nach Russlands Überfall auf die Krim, musste die Lieferung eines High-Tech-Übungszentrums an die russische Armee im Wert von 100 Millionen Euro von der Bundesregierung untersagt werden.

Wahrscheinlich gehört auch Israel zu den Kunden des Unternehmens: Munition und Bauteile für Merkava-Panzer könnten von Rheinmetall in der Vergangenheit und auch im gegenwärtigen Konflikt geliefert worden sein.

Der Großteil der Kunden des Unternehmens sind Nato-Staaten oder deren Verbündete, aber über Tochterunternehmen und Partner im Ausland, die nicht der deutschen Rüstungsexportkontrolle unterliegen, wurden auch Staaten wie Saudi-Arabien beliefert.

Jägermeister, London-Kondome, Putins Gazprom

Rheinmetalls Geschäfte laufen gut, das Geld für die Borussen kann man in Düsseldorf wohl aus der sprichwörtlichen Portokasse nehmen: Lag der Umsatz 2013 noch bei 2,2 Milliarden Euro, konnte er 2023 auf 7,2 Milliarden gesteigert werden. Das Unternehmen stieg im vergangenen Jahr aus dem M-Dax, in dem mittelständische Unternehmen gelistet sind, in den Dax, den Börsenindex für die größten deutschen Konzerne, auf. Anfang Mai sagte der Rheinmetall- Vorstandsvorsitzende Armin Papperger, er erwarte bis Ende des Jahres einen Auftragsbestand von rund 60 Milliarden Euro.

Seit der Likörhersteller Jägermeister seinen Hirsch 1973 auf das Trikot von Eintracht Braunschweig drucken ließ und 1988 Kondomfabrikant London auf den Jerseys des FC Homburg warb, hat kein Sponsorenvertrag in der Bundesliga für mehr Diskussionen gesorgt. Selbst dass sich Schalke 04 rund 15 Jahre lang von Wladimir Putins Mafia-Konzern Gazprom sponsern ließ, sorgte für weniger Aufregung. 

Dem BVB wird aus Anlass des Rheinmetall-Vertrags vorgeworfen, seine Geschichte während des Nati­onalsozialismus nicht aufgearbeitet zu haben: Zwar Fan-Fahrten nach Auschwitz anzubieten, aber nun einen Sponsor ausgewählt zu haben, der in Israel mit seinen Waffen einen angeblichen »Genozid« unterstütze und »zionistisches Blutgeld« nehme, tönt es aus einer bestimmten Ecke.

Borussia Dortmund hat im Gegensatz zur TU Berlin die Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) übernommen, in der auch israelbezogener Antisemitismus berücksichtigt wird.

Dabei ist der BVB seit langem dabei, seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Und nachdem die Vereinsführung lange Zeit ignoriert hatte, dass sich die Nazi-Szene der Stadt auf der Südtribüne des Westfalenstadions tummelte, setzte vor etlichen Jahren ein Umdenken ein: Bekannte Nazis bekamen Hausverbot, der Verein hat, im Gegensatz zur TU Berlin, die Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) übernommen, in der auch israelbezogener Antisemitismus berücksichtigt wird. Ohne in der Öffentlichkeit damit zu werben, stellt der Verein immer wieder seine Räume für Veranstaltungen gegen Antisemitismus zur Verfügung. Das wird viele, die ihn jetzt wegen der Geschäftsbeziehungen Rheinmetalls zu Israel kritisieren, sicher noch mehr aufregen, aber der BVB bezieht klar gegen Antisemitismus Stellung.

Arno Gottschalk, der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der Bremer SPD-Fraktion, wirft Rheinmetall vor, den BVB mit dem Geld zu finanzieren, das er durch Staatsaufträge erhalten hat. Dass Rheinmetall als auch in Bremen produzierendes Unternehmen seine Einkünfte ebenfalls mitfinanziert, scheint ihm indes entgangen zu sein. Özlem Alev Demirel, Kandidatin der Linkspartei bei der Europawahl, postete auf X: »Rheinmetall will jetzt auch in der Mitte der Gesellschaft, in Sport und Kultur, für ihr Geschäftsmodell mit dem Tod werben. Diese Militarisierung muss gestoppt werden!« Demirel selbst lehnt sogar Sanktionen gegen Putins Russland ab.

Aber nicht nur einschlägige Vertreter der sogenannten Friedensbewegung kritisierten den Verein. Thomas Kessen, Sprecher des Fanbündnisses Unsere Kurve, sagte dem Deutschlandfunk: »Zwar wissen wir, dass der Fußball Geld braucht und dort, wo es ums Geld geht, die Moral oft in den Hintergrund tritt. Aber dass man einen Rüstungskonzern, der sein Geld damit verdient, dass er Waffen herstellt, die Menschen töten, der durch den Ukraine-Krieg ein wirtschaftliches Aufleben erlebt – dass man mit diesem Geld bei Borussia Dortmund jetzt Stürmer verpflichten will, das ist ein Dammbruch.«

Das Kriegsgeschäft war und ist normal

Doch der BVB wurde nicht nur kritisiert: Für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist der Vorgang eine Folge der Krise, in die Russland Europa mit seinem Angriffskrieg gestürzt hat. »Dass Rheinmetall jetzt einen Fußballverein sponsert, ist in der Tat erst einmal ungewöhnlich, aber es zeigt, wo wir stehen.« In der Dortmunder Lokalzeitung Ruhr-Nachrichten schrieb Ulrich Breulmann, der BVB bekunde mit dem Rheinmetall-Sponsorenvertrag einem Unternehmen seine Solidarität, »das eine für unsere Freiheit wichtige, aber ungeliebte Aufgabe übernimmt«.

Das klingt fast wie der BVB-Geschäftsführer Joachim Watzke, der in der WAZ zu dem Geschäft sagte, Sicherheit und Verteidigung seien »elementare Eckpfeiler der Demokratie«, deshalb halte es der BVB für die richtige Entscheidung, sich sehr intensiv damit zu beschäftigen, »wie wir diese Eckpfeiler schützen«. Watzke fuhr fort: »Gerade heute, da wir jeden Tag erleben, wie Freiheit in Europa verteidigt werden muss. Mit dieser neuen Normalität sollten wir uns auseinandersetzen. Wir freuen uns auf die Partnerschaft mit Rheinmetall und öffnen uns als Borussia Dortmund ganz bewusst für einen Diskurs.«

Für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist der Vorgang eine Folge der Krise, in die Russland Europa mit seinem Angriffskrieg gestürzt hat: »Dass Rheinmetall jetzt einen Fußballverein sponsert, ist in der Tat erst einmal ungewöhnlich, aber es zeigt, wo wir stehen.«

Nun kann man Watzke glauben, dass ihm Sicherheit und Demokratie am Herzen liegen, aber der Idealismus ist dann doch etwas dick aufgetragen. Im Spiegel weist Stefan Kuzmany darauf hin, dass niemand Watzke davon abgehalten hätte, im »Sta­dion unentgeltlich mit Bekenntnissen für Waffenlieferungen plakatieren zu lassen oder themenbezogene Veranstaltungen auf dem Vereinsgelände zu organisieren«.

Wenn Kuzmany jedoch schreibt, dass die Waffen­reklame dazu beitrage, das Kriegsgeschäft zu normalisieren, liegt er falsch. Dieses Geschäft ist und war immer normal, Deutschland ist seit Jahrzehnten einer der größten Rüstungsexporteure der Welt und lag 2023 hinter den USA, Frankreich, Russland und China auf Platz fünf. Nur wurde diese Normalität bisher gerne verdrängt, ebenso wie die Tatsache, dass weder die Ukraine noch die Mitgliedsländer der EU oder Israel ohne Waffen und Militär ihre Freiheit verteidigen könnten.