Coming-out im Profifußball vertagt

Der Torjubel blieb aus

Kolumne übers Spazierengehen. Das fast geglückte Gruppen-Coming-out im deutschen Fußball.

Was nicht so alles in einem Monat passieren kann. Gerade der diesjährige Mai hielt da für marginalisierte Gruppen, insbesondere für die queere Community, einige bemerkenswerte Dinge bereit. Juristisch gesehen ist und bleibt die Situation von Queers in großen Teilen der Welt leider – und man muss das mit einem fast schon resignierten Augenrollen schreiben – prekär. Erst kürzlich hat Perus Regierung Transsexualität offiziell zur Geistesstörung mit Krankheitswert erklärt.

Und schaut man ins US-amerikanische Sportstadion, verwundert es einen am Ende schon weniger, wenn der diesjährige Superbowl-Sieger Harrison Butker den CSD als »Todsünde« bezeichnet. Welcome to the dollhouse! Zumindest Deutschland hätte da als Speerspitze der progressiven Politik in die queeren Annalen eingehen können. Schließlich stand ein Gruppen-Coming-out dort an, wo es den Deutschen am heiligsten ist: auf dem Fußballfeld. Und das vor der auf hiesigem Rasen stattfindenden EM. Mon dieuchen!

Am 17. des Monats, am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-,Trans- und Interphobie (mit dem charmant simplen Kürzel Idahobita*), sollte ein Novum im deutschen Profifußballsport geschehen. Aber weit gefehlt. Das Runde passte nichts ins Eckige, es war mehr ein Lattentreffer der kickenden Queers und der Torjubel blieb aus. Zuvor hatte sich übrigens der scheidende Trainer des SC Freiburg, Christian Streich, zum Thema geäußert und in einfachen Worten erklärt, was es bedeutet, nicht zu seiner sexuellen Orientierung stehen zu können. Streich zufolge macht dies krank – wie wahr!

Ach, würden doch alle Fußballenthusiasten ein bisschen denken wie Streich, ein Gruppen-Outing wäre überflüssig. Seien wir also gespannt, was im Juni – dem Pride Month – für Nachrichten über die queere Community über uns hereinbrechen werden. Schließlich wartet auch die EM im eigenen Land auf uns, eine Möglichkeit, international für diskriminierte und kriminalisierte Gruppen einzustehen. Mal schauen, ob der DFB dort vielleicht ein Golden Goal erzielt.