Ein Zaun soll die Kriminalität im Görlitzer Park einhegen

Probleme einzäunen

Der Berliner Senat will für ein paar Millionen Euro den Görlitzer Park einzäunen. Für soziale Einrichtungen hingegen fehlt das Geld.

»Hier im Kiez lässt der Senat gerade die Eingänge vom Görli vermessen«, war vor einigen Tagen auf X vom »Bündnis Görli zaunfrei!« zu lesen. Dieses setzt sich eigenen Angaben zu­folge für eine soziale Lösung statt des geplanten Zaunbaus für den Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg ein. Der Park gilt als Hotspot der Kriminalität und der Senat will das nun – mal wieder – ändern. Geplant ist unter anderem, den kompletten Park zu umzäunen und ihn nachts abzuschließen.

19 Tore, teilweise als Drehtore, 300 Meter Zaun an den Stellen, an denen der Park nicht von den alten Mauern des ehemaligen Güterbahnhofs umschlossen ist, und Zaunelemente, durch die man von außen in den Park blicken kann – das sind der Berliner Zeitung zufolge die Baupläne des Senats. Die Kosten werden derzeit auf 3,5 Millionen Euro veranschlagt: 1,9 Millionen für Zaun und Eingangstore, weitere 1,5 Millionen für den Unterhalt. Zudem ist eine einjährige Evaluierung durch ein unabhängiges Institut geplant, ob die Schließung des Parks erfolgreich ist. Wer Berliner Baustellen kennt, vor allem politisch umstrittene, weiß, dass die Kosten mit Sicherheit steigen werden.

Wer Berliner Baustellen kennt, vor allem politisch umstrittene, weiß, dass die Kosten mit Sicherheit steigen werden.

Damit will Senat Gewalt- und Drogenkriminalität bekämpfen und zudem den Park insgesamt aufwerten. Neue Toiletten, mehr Licht sowie eine intensivere Pflege des Parks sind geplant. Der Görlitzer Park soll damit wieder zu einer »attraktiven und sicheren Grünanlage« umgestaltet werden, so die Senatorin für Verkehr und Umwelt, Manja Schreiner (CDU), in einer Pressemitteilung. Zusätzlich war eigentlich ein ganzjähriges Notübernachtungsangebot für obdachlose Menschen geplant, das diesen Mai öffnen sollte, die »Ohlauer 365«. Dort sollte auch eine Drogenhilfe eingerichtet werden. Nun steht das Projekt jedoch auf der Kippe, weil das benötigte Geld fehlt. Wie bei vielen anderen Projekten von Drogenhilfeeinrichtungen ist im neuen Haushaltsplan auch bei diesem gekürzt worden.

Sichtbares Drogenelend – Menschen, die rastlos ­betteln, öffentlich ihre Crack-Pfeifen vorbereiten und rauchen, herumschreien oder verwahrlost und erschöpft herumliegen – ist nicht direkt im Görlitzer Park zu finden, sondern in den umliegenden Straßen; im Wrangelkiez oder dem um die Reichenberger Straße. Die Polizeistatistiken bestätigen den Eindruck. Dem Tagesspiegel zufolge wurden in den angrenzenden Straßen rund 2,5 Mal so viele Straftaten registriert wie im Park selbst. Das gleiche Verhältnis zeigt sich bei Gewaltstraftaten, auch Sexualdelikte wurden rund um den Park häufiger registriert

Wozu allerdings Empirie, wenn es um Symbolpolitik geht? Einer konservativen Wählerschaft jenseits von Kreuzberg soll bewiesen werden: Wir packen an. Derzeit gibt es keine aus­gearbeiteten und angewendete Konzepte für Hilfsangebote, die sich an die speziellen Bedürfnisse von Crack-Konsumenten richten – obwohl viele in der progressiven Drogenhilfe bereits ­daran arbeiten. Im Tagesspiegel fordert daher der Gesundheitsexperte Hannes Heine »in diesem Sommer einen Krisengipfel, auf dem Ärzte, Sozialarbeiter, Ermittler im ersten Schritt zumindest eine Bestandsaufnahme machen«. Dann erst könnten Lösungen gefunden oder zumindest das gröbste Elend gemildert werden.

In Frankfurt am Main kommt man ebenfalls nur schwer voran. Hier wird in Wahlkämpfen immer wieder versprochen, solche speziellen Hilfsangebote zu schaffen. Zwar werden regelmäßig Umfragen unter Konsumenten harter Drogen aus dem Frankfurter Bahnhofsviertel erhoben. Und das Drogenreferat der Stadt erfasst Veränderungen und langfristige Trends. Trotzdem kommt ein Projekt, das niedrigschwellige Konsum-, Rückzugs- und Ruhemöglichkeiten und weitere Hilfen für Crack-Abhängige im Bahnhofsviertel anbieten wollte und schon länger angekündigt war, bislang nicht zustande.

Auf Nachfragen der Jungle World beim Frankfurter Drogenreferat nach Eröffnungstermin und Konzept wurde dort freundlich vertröstet. Man könne hierzu noch keine Angaben machen. Immerhin scheint der Crack-Konsum in Frankfurt zurückgegangen zu sein. In der Szenestudie gaben 2020 noch 87 Prozent der befragten Drogenabhängigen an, in den vergangenen 24 Stunden Crack konsumiert zu haben. Zwei Jahre später waren es demnach nur noch 77 Prozent.