Immigrationsgesetz: Macrons riskante Manöver
»Die Abwesenden haben immer unrecht«, besagt ein geläufiges französisches Sprichwort. Es meint, dass man nicht zu hoffen braucht, dass eigene Forderungen Gehör finden und erfüllt werden, wenn man sie nicht selbst dort vertritt, wo sie debattiert werden. Möglicherweise erging es der Parteiführung der französischen konservativen Oppositionspartei Les Républicains (LR, früher UMP) unter Éric Ciotti jetzt genau so.
Anlässlich eines Empfangs der führenden Personen der verschiedenen in der Nationalversammlung (dem Unterhaus des Parlaments) vertretenen politischen Parteien bei Staatspräsident Emmanuel Macron am Freitag voriger Woche erschien die Parteispitze von LR nicht, obwohl sie zuvor – im Unterschied etwa zur linkspopulistischen Partei La France insoumise (Das unbeugsame Frankreich, LFI) – nicht angekündigt hatte, das Treffen zu boykottieren. Am Nachmittag wurde bekannt, das Vorhaben einer »Volksabstimmung zum Thema Ausländerpolitik« sei verworfen worden.
Dieses hatte unter anderem die Partei LR unterstützt, in der heutzutage der rechte Flügel klar den Ton angibt. Zuvor hatten auch Macron und seine Berater ein solches Projekt noch ernsthaft diskutiert, um die von seiner Regierung geplante Verschärfung des bislang geltenden Einwanderungsgesetzes durchzusetzen. Im regulären Gesetzgebungsverfahren wäre er im Senat (dem Oberhaus des Parlaments), dem das Gesetzesvorhaben bereits vorgelegt wurde, auf die Stimmen von LR angewiesen, die sich aber an der geplanten Erleichterung für Migranten mit »Mangelberufen« (métiers en tension) stören.
Das Regierungslager in Frankreich verfügt derzeit für sein Vorhaben, ein neues Ausländergesetz zu verabschieden, über keine parlamentarische Mehrheit.
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