Deutsch, Gemein und trotzdem keine Arschlöcher
Auch wenn das Bewusstsein für die Nöte der Insektenwelt in den vergangenen Jahren gewachsen ist, sind auch bei Menschen mit Ökogewissen nicht alle Krabbeltiere gleichermaßen willkommen. Am unteren Ende der Beliebtheitsskala rangieren zweifelsfrei die Stechmücken, um (wohl aber über) deren Populationen man sich nach dem feuchtwarmen Sommer vorerst keine Sorgen machen muss. Insbesondere tropische Arten gehören bislang zu den Klimakrisengewinnlern, etwa die Asiatische Tigermücke, die als Überträger des Denguefiebers gefürchtet ist und sich stetig weiter nach Norden ausbreitet.
Deutlich unproblematischer, aber dennoch kaum beliebter sind die Wespen. Genauer: die hierzulande häufigsten Vertreterinnen der Unterfamilie Vespinae (Echte Wespen), die Gemeine und die Deutsche Wespe, die übrigens nicht so heißen, weil sie Arschlöcher wären – auch wenn ihr unzureichendes Aggressionsmanagement es schwer macht, sie als ungeladene Gäste bei der Grillparty zu tolerieren.
Ausgewachsene Individuen ernähren sich allerdings überwiegend von Nektar und tragen damit ebenso zur Blütenbestäubung bei wie Schmetterlinge, Bienen und andere Lieblinge unter den Insekten. Tierische Proteine erbeuten sie zumeist als Nahrung für die Larven, wobei ihr Beutespektrum neben dem Schnitzelschnipsel im Biergarten vor allem andere Insekten umfasst. Sie leisten also auch einen nur selten gewürdigten Beitrag zur Schädlingsbekämpfung.
Ihre Verwandten werden sogar gezielt zu diesem Zweck eingesetzt. Es existieren unzählige Arten von Schlupfwespen, die ihre Eier mit Hilfe eines Legestachels im Körper anderer Insekten platzieren; die heranwachsenden Larven fressen ihren Wirt bei lebendigem Leib von innen auf. Das ist gruselig, aber effektiv. Im Freiland können über 50 Prozent einer jeweiligen Wirtsart von den Parasiten befallen sein. Aus diesem Grund sind Schlupfwespen mittlerweile auch als Mittel der biologischen Schädlingsbekämpfung beliebt.
Die winzigen Vorbilder für die »Alien«-Filmreihe sind übrigens gar nicht mal allzu eng mit den Echten Wespen verwandt – anders als die Haus-Feldwespe, die für ein bemerkenswertes, als »male-stuffing« bezeichnetes Verhalten bekannt ist. Wie bei sozialen Insekten üblich, sind die weiblichen Tiere (bis auf die Königin) für Nahrungssuche und Larvenaufzucht zuständig, während die Drohnen, also die Männchen, einzig zu Fortpflanzungszwecken benötigt werden. Kommen nun Arbeiterinnen mit frischer Beute nach Hause, wollen sie verhindern, dass die faulen Kerle dem Nachwuchs der Kolonie alles wegfressen – und stopfen die Männchen deshalb kopfüber in leere Waben. Vielleicht sollte man dieses Informationshäppchen gelegentlich mal als fun fact in Diskussionen über ungleich verteilte Care-Arbeit einwerfen.