Die katholische Kirche in Polen verliert Schäfchen

Die Bänke leeren sich

Polen gilt als sehr katholisches Land, doch immer mehr Menschen wenden sich von der Kirche ab. Das liegt unter anderem am Umgang mit Missbrauchsfällen und der Haltung zu Abtreibungen.

Ein Dorf im Südosten Polens, 140 Kilometer von Kraków entfernt, knapp 2.000 Einwohner. Am 3. August, einem Donnerstag, stand eine Beerdigung an. Die Kirche war übervoll, mehr als 200 Personen waren gekommen. Der Verstorbene war 34 Jahre alt und von ­Geburt an stark behindert gewesen. Der Pfarrer gedachte des Toten, beklagte den Verlust. Dann: »Wenn die Absichten der Abtreibungsbefürworter verwirklicht worden wären, hätte unser Damian (Name geändert, Anm. d. Red.) nicht gelebt, den seine Eltern so geliebt haben.« Warum das Recht auf Abtreibung die Eltern automatisch auch zu dieser Entscheidung hätte führen sollen, behielt der Pfarrer jedoch für sich.

Die katholische Kirche hat in Polen immer schon eine große politische Rolle gespielt. Beispielhaft dafür war der »polnische Papst« Johannes Paul II. mit seinem Engagement gegen das realsozialistische Regime. Doch ausgerechnet seit 2015, als die nationalistisch-autoritäre Partei Prawo i Sprawied­liwość (Recht und Gerechtigkeit, PiS), die sich die Verteidigung des Katholizismus auf die Fahnen schrieb, mit starker Unterstützung der Kirche an die Macht gekommen war, scheint sich das zu ändern. Die Institution Kirche hat seitdem bei Teilen der Gesellschaft stark an Ansehen verloren.

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