Verbannt nach Washington
Was sich am 9. Februar ereignet hat, ist ein in der jüngeren Geschichte wohl einmaliger Vorgang. 222 Nicaraguaner:innen saßen an Bord eines von der US-Regierung organisierten Abschiebeflugs. Doch das Ziel des Fluges war nicht Nicaragua, sondern Washington, D.C., und abgeschoben wurden die Nicaraguaner:innen nicht von US-Behörden, sondern vom Regime Daniel Ortegas, des Präsidenten Nicaraguas.
Frühmorgens am 9. Februar und ohne Ankündigung holte man die auf verschiedene Gefängnisse in Nicaragua verteilten Inhaftierten aus ihren Zellen und verfrachtete sie in Busse. Erst als sie auf das Gelände des Flughafens der nicaraguanischen Hauptstadt Managua abbogen, ahnten die Gefangenen, was sie erwartete. Unter ihnen: ehemalige Weggefährt:innen Ortegas, vor der Wahlfarce von 2021 inhaftierte oppositionelle Präsidentschaftskandidat:innen, Anführer:innen der Massenproteste von 2018, katholische Priester und Journalist:innen. Letztlich hob das Flugzeug in Richtung USA mit der Führungsriege der Oppositionellen ab.
Rolando Álvarez, der Bischof von Matagalpa, weigerte sich, Nicaragua zu verlassen. Sein bereits bestehender Hausarrest wurde per Schnellverfahren in 26 Jahre Haft umgewandelt.
Fast gleichzeitig verlas Richter Octavio Rothschuh vom Berufungsgericht in Managua das Urteil: »Die Deportierten werden zu Vaterlandsverrätern erklärt.« Mit sofortiger Wirkung wurde den 222 Abgeschobenen die nicaraguanische Staatsbürgerschaft entzogen.
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