Park Chan-wooks neuer Film „Die Frau im Nebel“

Blick in die Augen

Nicht Noir, nicht Krimi, nicht Thriller und keine männliche Perspektive, die die Erzählung lenkt: Der südkoreanische Regisseur Park Chan-wook hat mit »Die Frau im Nebel« einen wunderbar verrätselten Film gedreht.

Haben Verbrechen etwas mit den herrschenden Wetterverhältnissen zu tun, und wie verhält sich die ­manische Observierungspraxis eines Polizisten zu seiner Schlaflosigkeit? Fördert wöchentlicher Sex die kognitiven Fähigkeiten und lässt sich das Morden wirklich mit dem Rauchen (»Nur der Anfang ist schwer«) vergleichen? In »Die Frau im Nebel« wuchern reale, behauptete und vermeintliche Zusammenhänge, Kau­salverbindungen und Parallelbeziehungen wie Unkraut. Sie greifen in alle Bereiche über: die Dialoge, den Plot, die Bilder, spannen sich sogar über verschiedene Zeit – und Wirklichkeitsebenen. Dabei ist nur eine Verknüpfung im neuen Film des Südkoreaners Park Chan-wook »singulär« und schicksalhaft: die zwischen dem Polizisten Jang Hae-joon und der jungen Witwe Song Seo-rae, der Hauptverdächtigen im Fall ihres bei einem Sturz am Berg ums Leben ­gekommenen Ehemanns.

Hae-joon (Park Hae-il) ist der jüngste Beamte, der es in Busan je zum Inspektor gebracht hat. Er ist stolz und verlässlich, außerdem attraktiv und körperlich fit; wenn er Kriminelle über die Dächer der Stadt jagt, bricht der Kollege schon auf halber Strecke schnaufend zusammen. Ungesund sind allein seine ­notorische Insomnie und die mangelnde Abgrenzung von seinem Beruf. In seiner Stadtwohnung verbirgt sich hinter einem Vorhang eine Wand mit unzähligen grausigen Fotos unaufgeklärter Fälle. Und beim Sex mit seiner in der nebelverhangenen Küstenstadt Ipo lebenden Ehefrau – sie ist die jüngste Atomkraftwerksinspektorin des Landes – sieht er seinen eigenen Arm auch schon mal als Röntgenaufnahme.

Trotz des genrehaften Plots und der sichtbaren Anleihen bei Hitchcock läuft »Die Frau im Nebel« nicht auf einen klassischen psychologischen Noir
in der Nachfolge von »Vertigo« hinaus.

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