Schwarzfahrende Hunde

Teufel auf Abwegen

Cocolumne Von

»Verehrte Fahrgäste, eine wichtige Durchsage: Dieser Zug hält nicht wie draußen angezeigt in Wittenberge. Leider hat auf der Anzeigentafel der Druckteufel zugeschlagen.« Vom Druckteufel hatte ich lange nichts gehört, zumal er normalerweise eher als Druckfehlerteufel daherkommt. Nie würde ich ihn bei Fehlern auf digitalen Anzeigen als Täter verdächtigen, da dort ja nun wirklich nichts gedruckt wird. Obwohl: Der sympathisch plaudernde Bahnschaffner hat ja gar nicht so unrecht. Irgendwer wird da schon die falschen Tasten gedrückt haben. Tasten drücken und Zeitungen drucken – so weit liegen diese teuflischen Tätigkeiten semantisch gar nicht auseinander. »Besuchen Sie unser Bordbistro in Wagen 10. Ich wünsche ihnen einen guten Kaffeedurst oder ein leckeres Feierabendbierchen«, plaudert der Schaffner gut gelaunt weiter. Okay, kein Halt in Wittenberge, who cares, dafür ist ausnahmsweise mal das Bordbistro geöffnet. Das ist eine kleine Sensation! Tja, was nehme ich da? »BIO-Gulaschsuppe mit BIO-Brötchen«, »Vegetarische BIO-Focaccia«, »BIO-Kartoffelrösti mit BIO-Apfelmus« oder einfach nur einen »BIO-Glühwein mit Lebkuchen«? Nein, den Lebkuchen nicht, der ist ja nicht bio, und schon gar nicht »BIO«.

Hat auch im Bord-Magazin mobil der Druckteufel zugeschlagen? Oder soll diese Schreibweise verbildlichen, dass Bio hier wertgeschätzt, also »großgeschrieben« wird? »Bio« in Versalien, also in Großbuchstaben, so als wäre es eine Abkürzung, ist offenbar ein Trend. Tatsächlich ist »Bio« wie »Öko« eine Abkürzung, aber eben nicht so wie AKW oder DDR eine, die man buchstabieren muss. Merke: Wenn wir es fließend aussprechen können, schreiben wir es klein, wie Info oder Caipi. Wir nennen einen Michael doch auch nicht MICHA. Vom Auto über die Demo bis zur Schoko-Weihnachtsperson: Stellen Sie sich vor, alle Abkürzungen würden großgeschrieben! Keine Sorge, beim Bahn-Magazin mobil werden wir das nicht mehr erleben, denn neben mir liegt: »Das letzte gedruckte Magazin der Deutschen Bahn, Dezember 2022«. Kein Wunder, dass sich der Druckteufel neue Refugien sucht.

Das Bordmagazin steigt aus bei Print und kann künftig nur noch online gelesen werden – also leider nicht während der Bahnfahrt. Schade. Das bedeutet dann wohl Abschied nehmen von mobil. Bye-bye sagen Coco und ich! Denn auch Coco liebt Bahnfahren. Sie wurde aber neulich beim Schwarzfahren erwischt, der Schlingel. Normalerweise schauen Kontrolleure großzügig über den süßen Hund hinweg, diesmal bestand eine Schaffnerin auf einer Fahrkarte. Nachkaufen an Bord kann man ein Hunde­ticket jedoch nicht, also drohte eine Schwarzfahrerstrafe. Zum Glück sind Zugbegleiter konziliante Leute, und so wurde der Vorfall mittels einiger wortreich gestammelter Ausreden der ­Kategorie »von nichts gewusst«, »Oma krank« und »Druckteufel« letztlich doch aus der Welt geschafft.