Wie man als Hund transatlantische Prominenz erlangt

Unver­hoffte Promi­nenz

Cocolumne Von

­Stellen Sie sich vor, Sie hätten vor mehr als einem Jahr eine Operation am Bein gehabt. Seitdem ist alles gut und Sie sitzen am späten Sonntagnachmittag gemütlich in Ihrem Wohnzimmersessel, als plötzlich Ihr Telefon klingelt. Unbekannte Nummer. Ihr Chirurg von damals ist dran und erklärt, er habe sich gerade mit Kollegen unterhalten und sie hätten sich gefragt, wie es Ihnen denn so gehe. »Ach wirklich? Alles gut? Sie können ganz normal laufen und springen? Auch sonst alles fit? Toll!« Gerne würde man Sie noch einmal unter­suchen: Röntgen, Blutbild, das ganze Pipapo, ob Sie nicht vorbeikommen könnten; natürlich alles auf Kosten der Klinik und den Termin können Sie frei wählen. Wie wäre es mit morgen?

Sie finden, das klingt so ganz und gar nicht nach unserem Gesundheitssystem? Nun, da muss ich widersprechen. Coco erging es nämlich genau so, außer dass es natürlich mein Telefon war, das klingelte, und die Tierärztin nicht nach meinem Befinden fragte, sondern nach dem des Hundes. Diese besondere Wertschätzung erhält Coco einerseits, weil sie so eine unglaublich niedliche Herzensbrecherin ist, dass man sich noch nach einem Jahr an sie erinnert. Vor allem aber wohl aus dem Grund, dass sie ein medizinischer Sonderfall ist. Na ja, und weil ihre erfolgreiche Operation sicherlich dem Professor, der die gewagten und entscheidenden Schnitte setzte, schmeichelt und nicht zum Schaden für seine Vita sein dürfte.

Das Ganze spielt an einer Universitätsklinik und letztlich geht es hier selbstverständlich weder um Rührung noch um Eitelkeiten. Es geht um Wissenschaft. Ehrensache also, dass sich Coco, obwohl völlig beschwerdefrei, auf den Weg ans andere Ende der großen Stadt machte, um noch einmal all diese Untersuchungen über sich ergehen zu lassen.

Rennen und springen wie ein junger Hund, und das ohne Elle im linken Vorderbein; und dazu eine Krebserkrankung überwunden, obwohl das Tier der Diagnose zufolge schon seit zwei Jahren tot sein müsste. So wird man in Wissenschaftskreisen berühmt. Und, was soll ich sagen? Coco hat super Werte. Tutto bene.

Ob in Vorlesungen der Veterinärmedizin ein Foto von Coco gezeigt wird, weiß ich leider nicht, aber ich würde es jedem Professor empfehlen. Ob die ganze Geschichte wirklich gut ausgeht – auch das lässt sich nicht sagen. »Warten wir es ab«, sagte eine renommierte Krebsforscherin in New York, der Cocos Fall vorgestellt wurde – und deren Forschung durch diesen nicht gestützt wird. Sicher wird also in einem Jahr, wenn ich auf dem Sessel sitze, an einem Sonntagnachmittag oder so, wieder eine unbekannte Nummer auf dem Handy erscheinen – und ich werde rangehen. Für die Wissenschaft. Und vor allem natürlich: für Coco.