Eine neue Dokumentation über Elfriede Jelinek erzählt auch über Österreich

Negation in persona

Ein neuer Dokumentarfilm widmet sich dem Leben und Werk der Schriftstellerin Elfriede Jelinek – und erzählt dabei auch die Geschichte des (post)faschistischen Österreich.

Es gibt vielerlei Gründe, mit der Schriftstellerin Elfriede Jelinek Mitgefühl zu empfinden. Selbstredend stellt sich dieses ein, wenn man sich die Angriffe, Herabsetzungen und Demütigungen vergegenwärtigt, denen sie insbesondere in der öster­reichischen Öffentlichkeit, und dort vor allem von der rechten Presse, seit Jahrzehnten ausgesetzt ist. Wenn man sich dann allerdings diejenigen Kommentare anschaut, die Jelinek in den höchsten Tönen zu loben scheinen, kann das wiederum schon mal Fremdscham auslösen. Zu ihrem 75. Geburtstag brachte der ORF im vergangenen Jahr ein 20minütiges Feature über Jelinek, in dem von ihr als »literarischer Blitzableiter« und »kompromissloser Künstlerin« gesprochen wird. Sie habe die »Übertreibung perfektioniert«, beschreibe »radikal und kompromisslos« die »Missstände unserer Gesellschaft« und bohre »immer tiefer in menschlichen Abgründen«, Sei »oft pro­phetisch« und »immer politisch«.

Das ist zwar nett gemeint, klingt aber nach literarischer Stückware, nach einer schriftstellerischen Dienstleisterin, die pünktlich die gewünschten Gedanken zur Zeit ab­liefert – und verfehlt mit diesem instrumentellen Zugang das Werk der Literaturnobelpreisträgerin. Ganz falsch ist das zwar alles nicht, aber so gestanzt, wie diese Charakterisie­rungen daherkommen, wollen sie einfach nicht auf die experimen­telle Prosa von Jelinek zutreffen – hat man eine Künstlerin als besonders kritisch geadelt, geht das oft damit einher, dass dem spezifisch Kritischen an ihr der Zahn gezogen wird.

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