Homestory

Homestory #29

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Unter dem Motto »Putin auf die Pelle rücken« laufen die Vorbereitungen unserer Recherchereise gen Osten gerade auf Hochtouren. Der etwas zu kühne Plan, nach Kiew zu fahren, musste Anfang des Jahres allerdings aufgegeben werden. Sicherheitshalber bleibt die Redaktion dann doch auf Nato-Gebiet und reist ins Baltikum, um von dort aus verstärkte Wachsamkeit walten zu lassen. In welchem der drei baltischen Länder aber bezieht die Jungle World im August ihr Quartier? Die Entscheidung ist getroffen, sie fiel nicht leicht und wird auch noch nicht verraten.

Estland mit seiner quirligen Hauptstadt Tallinn und seiner guten digitalen Infrastruktur kommt definitiv in Frage. Der heute von ­Cafés und Ateliers geprägte ehemalige Arbeiterbezirk Kalamaja, der auch das in Teilen zum Kulturzentrum umfunktionierte ehemalige sowjetische Gefängnis Patarei beherbergt, liegt noch dazu direkt an der Küste. Sonnenuntergang zu gucken und auf den Untergang imperialer Reiche anzustoßen, ist ganz in unserem Sinne.

Aber auch die lettische Hauptstadt Riga hat schöne Strände und derzeit große Sorgen, dass der Krieg lettisches Territorium erfassen könnte. Wie in fast allen europäischen Ländern haben die Deutschen auch in Lettland gemordet. An die Opfer des KZ Riga-Kaiserwald erinnert heute lediglich ein Denkmal. Über den Umgang mit den Denkmälern aus Sowjetzeiten wird heftig gestritten. In Riga gibt es also viel zu recherchieren

Nicht anders in Litauen. Immerhin bietet sich dort die Gelegenheit, mal in einer amtierenden europäischen Kulturhauptstadt zu residieren. Neben Kaunas kommt aber auch die Hauptstadt Vilnius als Headquarter in Betracht, zumal sich vor den Toren der Stadt eine wunderschöne Seenlandschaft erstreckt, die mit Ostseestränden locker mithalten kann. Ob die schnieke Altstadt mit Video­kameras an jeder Ecke unser place to be sein kann oder doch eher die am Ufer der Vilnia gelegene selbsternannte Republik Užupis, die sich aus einer lokalen Künstlerinitiative zum Christiania des Baltikums entwickelt hat, ist eine Frage, die leicht zu beantworten sein dürfte. Zudem hat der Phantasiestaat eine ganz innovative Verfassung, die das Recht jedes Menschen, für eine Katze da zu sein, ebenso festschreibt wie das Recht auf Faulheit, heißes Wasser und eine Heizung im Winter. Über die Sinnhaftigkeit von Punkt 40 der Verfassung – »Wehre dich nicht« – müsste man gegebenenfalls vor Ort diskutieren.