Merz, Röttgen oder Braun: Die CDU wählt einen Parteivorsitzenden

Merz’ dritter Anlauf

Die CDU sucht nach einem neuen Vorsitzenden. Mit Friedrich Merz, Norbert Röttgen und Helge Braun stehen drei seit langem bekannte Politiker zur Auswahl.

Nach der Niederlage von Kanzlerkandidat Armin Laschet bei der Bundestagswahl im September war er auch als Vorsitzender der regierungsgewohnten CDU nicht zu halten. Zum dritten Mal in zwei Jahren sucht die Partei nun einen neuen Vorsitzenden. Friedrich Merz, Norbert Röttgen und Helge Braun bewerben sich um den Posten.

Der versierte Außenpolitiker Norbert Röttgen ist aus diesem Trio der Favorit vieler Journalisten bei den großen Medien. Wer ihn jedoch 2012 im nordrhein-westfälischen Landtags­wahlkampf gegen die damalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) erlebt hat, weiß: Wahlkampf ist nicht gerade Röttgens Stärke. Damals wollte er als amtierender Bundesumweltminister die in Nordrhein-Westfalen mit der SPD regierenden Grünen in ökologischen Fragen übertrumpfen. Die CDU-Wähler interessierten sich jedoch mehr für Schulpolitik und innere Sicherheit. Röttgen verlor so krachend, dass Merkel ihn anschließend auch noch als Bundesminister entließ.

Der nächste Parteivorsitzende soll zum ersten Mal in der Geschichte der CDU direkt von den Partei­mitgliedern bestimmt werden.

Als 1998 die rot-grüne Bundesregierung ihre Arbeit aufnahm, war Friedrich Merz im Bundestag einer ihrer schärfsten Kritiker. Nach vielen politischen Niederlagen ist von Merz’ Nimbus nicht viel geblieben. Ob im kleinen Kreis bei der sauerländischen Industrie- und Handelskammer oder auf CDU-Parteitagen: Merz hat stark an Ausstrahlung verloren. Er gilt jedoch als Anta­gonist von Angela Merkel und ist der Favorit all jener, die sich nach ihrem Abgang eine konservative Kurskorrektur wünschen.

Der geschäftsführende Kanzleramtsminister Helge Braun steht für die Fortsetzung des Kurses von Angela Merkel und damit für eine CDU, die sich dem Bürgertum in den Großstädten, aber auch Migranten zuwendet. Braun schien dies unterstreichen zu wollen, indem er die Bundestagsabgeordnete und ehemalige nordrhein-westfälische Staatssekretärin für Integration, Serap Güler, als künftige Generalsekretärin der CDU für den Fall seines Sieges vorstellte und zudem ankündigte, wichtige Posten mit Frauen zu besetzen.

Merz haftet das Image des Verlierers an: Zwei Mal bewarb er sich um den Posten des Parteivorsitzenden, zwei Mal unterlag er, zuerst gegen Annegret Kramp-Karrenbauer und dann gegen Laschet. Allerdings geschah dies auf Parteitagen – dort ist nicht die Basis vertreten, sondern vor allem die Funktionärsebene der CDU. Merz hat nur knapp gegen Laschet verloren und verfügt über großen Rückhalt bei den Parteimitgliedern. Vor seiner Niederlage hatte Merz behauptet, es gebe »beachtliche Teile des Partei-Establishments, die verhindern wollen, dass ich Parteivorsitzender werde«.

Nun, da Laschet als Kanzlerkandidat so deutlich gescheitert ist, wollte die Parteiführung wohl verhindern, dass die Unzufriedenheit der Merz-Anhänger weiter wächst. Deshalb soll der nächste Parteivorsitzender zum ersten Mal in der Geschichte der CDU nicht allein von den Delegierten eines Parteitags bestimmt werden, sondern vor dem Parteitag direkt von den Parteimitgliedern. Ab 4. Dezember kann online abgestimmt werden, bei dem Bundesparteitag in Hannover am 21. und 22. Januar soll die Wahl dann von den Delegierten bestätigt werden. Die Mitgliederbefragung ist zwar nicht bindend, aber es gilt als unvorstellbar, dass die Delegierten sich anders entscheiden.
Bei einer Umfrage im Auftrag der Nachrichtenagentur DPA hielt eine relative Mehrheit der befragten Bundesbürger, also nicht der CDU-Mitglieder, Merz für den besten Kandidaten. Mit 23 Prozent Zustimmung vor Röttgen (20 Prozent) und Braun (6 Prozent) lag Merz zwar vorne, 35 Prozent allerdings hatte die Antwortmöglichkeit »keinen der drei« gewählt. Unter den befragten CDU-Wählern fand er allerdings mit 34 Prozent deutlich mehr Zustimmung als seine Konkurrenten.

Im Gegensatz zu seinen als liberal geltenden Mitbewerbern verfügt Merz über ein klar konservatives Profil. Die meisten Unterstützer hat er in den ostdeutschen Verbänden und etwa bei der wirtschaftsliberalen Mittelstandsunion. Nach seiner Niederlage gegen Laschet hatte Merz sich konstruktiv verhalten und klaglos für seinen Konkurrenten Wahlkampf gemacht. Das könnte ihn für größere Teile der Partei akzeptabel erscheinen lassen. Viele dürften glauben, dass Merz am besten geeignet wäre, eine konservative Oppo­si­tion gegen die Ampelkoalition zu führen, ob in Fragen der Energie- und Wirtschaftspolitik oder bei gesellschaftspolitischen Themen wie der geplanten Abschaffung des Transsexuellenge­setzes. Merz’ Nachteil ist sein Alter: Mit heute 66 Jahren mag er als Oppositionsführer durchgehen, die Zukunft der Union ist er wohl nicht.