16.09.2021
Small Talk mit Layouterin Chris Bischoff über Kinder auf der Auslandsreise

»Sie brauchten vielleicht alle nur etwas Anlaufzeit«

Kinder, Küche, Putzplan: Selten ging es auf einer Auslandsreise der Jungle World so häuslich zu wie in diesem Jahr im ehemaligen Frauenhotel in Walenstadtberg. Aufgrund der abgeschiedenen Lage unseres Domizils gab es jenseits der Zeitungsproduktion auch jede Menge Reproduktionsarbeit zu erledigen. Layouterin Chris Bischoff reiste mit der zweijährigem Rosa* an.

Elf Tage Auslandsreise mit Kind und »Jungle«-Redaktion – wie ist es dir gelungen, Arbeit und Familie zu vereinbaren?

Weil Rosa noch relativ klein ist, war von vornherein klar, dass ich nur dann arbeiten kann, wenn sie schläft – was im Produktionsalltag, der hauptsächlich tagsüber stattfindet, allerdings nicht so oft vorkommt – oder wenn jemand anderes sich mit ihr beschäftigt. Manchmal ging es auch, dass ich sie in die Arbeit integrieren konnte, etwa bei der Gestaltung und der Bebilderung für das ABC der direkten Demokratie auf Seite neun, bei der sie mitgewirkt hat. In der zweiten Woche, als das Layout mehr zu tun hatte, ist ihre andere Bezugsperson angereist, um sich um das Kind zu kümmern. Auch wenn es zwischendurch gut geklappt hat, dass Kolleginnen und Kollegen sich kümmern, war es schon eine deutliche Erleich­terung, als eine andere Person auch wirklich verbindlich für das Kind da war.

Hattest du Bedenken, das Kind mit auf die Redaktionsreise zu nehmen?

Natürlich hatte ich im Vorfeld einige Bedenken, wie das wohl gehen könnte, wer wie damit umgehen kann. Es ist ja in linken Strukturen oft ein Problem, wenn Kinder neu dazukommen, inwieweit man noch mitgedacht wird mit Kind. Am Anfang gab es tatsächlich ­einen Tag, an dem ich dachte, dass ich wieder nach Hause fahren muss. Danach war ich sehr positiv überrascht, wie die Einzelnen Kontakt aufgenommen haben, wie sich die Beziehungen zwischen Rosa und den einzelnen Leuten so entwickelt haben. Sie brauchten vielleicht alle nur ein wenig Anlaufzeit. Dabei war es wahrscheinlich von Vorteil, dass sie ein Hausprojekt-Kind ist, das von sich aus auf die Leute zugehen kann. Dadurch entstanden immer wieder Momente, in denen Arbeiten für mich möglich war, in denen die Redaktion zum sprichwörtlichen Dorf wurde.

Von Heterobeziehungen heißt es, dass durch Kinder die Rollen im Haushalt noch einmal neu verteilt werden, und das nicht selten zugunsten eines regressiven Modells, in dem den Frauen ein großer Teil der Care-Arbeit zufällt. Wie war das auf der ­Reise?

Tendenziell waren es wohl mehr die weiblichen Mitglieder der Redaktion, die sich über ­einen längeren Zeitraum mit Rosa beschäftigt ­haben, oder die auch einfach den Überblick hatten, was so anlag, wozu eben auch der Blick auf das Kind gehört. Mir fällt es etwas schwer, das zu sagen, aber mein Eindruck war schon, dass auch Einkaufen und rechtzeitiger Beginn der Essenzubereitung meist in Frauenhand lag. Helfende Hände kamen dann schon dazu, nachdem es den Startimpuls gab. Aber an einigen Tagen hätten wir wohl bis Mitternacht auf ein warmes Essen gewartet. Was selbst auf Reisen etwas spät ist, gerade auch für die kleine Punkerin.

Würdest du es trotzdem wieder machen?

Ja. Ich bin mir sicher, dass auch Rosa eine gute Zeit hatte und zu Hause die Namen der Redaktionsmitglieder aufzählen wird, die sie vermisst.

* Name von der Redaktion geändert.