Laborbericht

Ich kann nicht, wenn jemand guckt

Bloß nicht auf eine »Smart Toilet« setzen
Kolumne Von

Derzeit wird viel über Sinn oder Unsinn sowie nicht zuletzt die Datensicherheit einer sogenannten Corona-App diskutiert, die angeblich helfen können soll, die ­Pandemie einzudämmen. Die Frage, was es bringen soll, Infektionsketten nachzuvollziehen, während Ministerpräsidenten und Wirtschaftslobbyisten gleichzeitig alles daransetzen, dass sich das Virus in Schulen und Einkaufszentren munter weiterverbreitet, ist jedoch nicht Thema dieser Kolumne. Die geplante App ist allerdings ein ­gutes beziehungsweise schlechtes ­Beispiel für den fast grenzenlosen Glauben, den einige den Versprechen von neuer Technologie und Datenanalyse (nicht nur) im Gesundheitsbereich schenken.

Die jüngste Idee in dieser Hinsicht klingt wie ein verspäteter Aprilscherz: An der Universität Stanford wurde eine sogenannte Smart Toilet entwickelt, die eigenständig die Hinterlassenschaften der Benutzer analysieren und Rückschlüsse auf deren Gesundheitszustand ziehen soll. Ausgestattet ist das Hightech-Örtchen unter anderem mit Infrarotsensoren, die erkennen, wenn jemand sein Wasser abschlägt. Daraufhin wird ein Teststreifen ausgefahren, der beispielsweise Diabetes oder Harnwegsinfekte diagnostiziert; mit einem Uroflowmeter getauften Sensor werden zudem Volumen und Fließgeschwindigkeit gemessen. Das funktioniert bisher nur beim Stehpinkeln, eine Sitzausführung soll aber in Arbeit sein.

Auch für größere Aufgaben ist das System gerüstet: Es erkennt die Kon­sistenz von mehr oder minder festen Ausscheidungen und diagnostiziert auf diese Weise Durchfall oder Verstopfung, gleichzeitig misst ein Druck­sensor die Dauer der Sitzung. Und ein ganz besonderes Feature soll sicherstellen, dass die auf diese Weise erhobenen und »in der Cloud« (wo sonst) gespeicherten Daten auch der richtigen Person zugeordnet werden: Eine stra­tegisch positionierte Kamera erfasst den Darmausgang in all seinen Details, künstliche Intelligenz – auch dieses buzzword darf nicht fehlen – erkennt daran den jeweiligen Nutzer.

Nun könnte die smarte Toilette im medizinischen Umfeld ja tatsächlich hilfreich sein und den Beschäftigten in Pflege und Diagnostik allerhand un­appetitliche Arbeit abnehmen; allerdings ist die Erfindung vor allem für die Langzeitbeobachtung und damit eher als Ergänzung des mit vernetz­ter Technik vollgestopften »Smart Home« gedacht. Ob sich die Idee durchsetzt, ist fraglich. Zumindest war den elf Testpersonen die Identifizierung per sogenanntem Analprint, wen wundert’s, »eher unangenehm«, und auch ihre übrigen Bedenken betrafen vor allem Privatsphäre und Datenschutz. Ob sich die Akzeptanz steigern ließe, wenn das Stanford-Team auch noch einen Corona-Schnelltest einbaut? Wir ­sollten uns jedenfalls schon einmal auf eine Zukunft einstellen, in der das Klo uns auffordert: »Bitte geben Sie den Bestätigungskot ein.«