Erfolg für Umweltschützer in Kenia

Pfeift auf die Kohle

Seite 3 – Neue Energien heißen nicht Energiegerechtigkeit

Zudem hängt an dem Projekt ein weiteres Vorhaben: der Kohleabbau im Mui-Becken im Kreis Kitui im Landes­inneren. Für das Kraftwerk in Lamu sollte die Kohle zunächst aus Südafrika importiert werden, denn der Abbau von Kohle im Mui-Becken steckt in der Planungsphase – und ist ebenfalls umstritten – und die Bahnlinie für den Transport nach Lamu ist noch nicht gebaut. Das Urteil hilft deshalb auch denen, die die Kohleabbauvorhaben im Kreis Kitui kritisch sehen.

In Nairobi protestierten Umweltschützer gegen die »Kolonisierung« der Energiepolitik.

Beim dortigen Lizenzvergabeverfahren soll es bereits zu Menschenrechtsverletzungen gekommen sein. Benson Kibiti von der Kenya Climate Working Group sagte 2017 auf der Klimakonferenz in Bonn: »Mehr Kohle wird die Armut verschärfen. Frauen, die alleine einen Haushalt führen und in aller Regel keine Besitztitel haben, werden nicht gehört und erhalten keine Kompensationszahlungen für ihr Land. Vertreibungen finden so auf Umwegen statt.«

In Nairobi gingen im März Umweltschützer auf die Straße, um gegen die »Kolonisierung« der Energiepolitik in Kenia zu protestieren. Sie warben für grüne Energieprojekte, eine dezentrale Energieversorgung und Klimaschutz. Denn wenngleich Kenia derzeit mehr Energie produziert, als in Zeiten mit Spitzenlasten verbraucht wird, leben dennoch viele Menschen im Land ohne Strom. Schülerinnen lernen im Licht von Petroleumlampen, Krankenhäuser sind im Notfall auf Generatoren angewiesen, die nur wenige Stunden laufen, wenn die Dieselvorräte gerade knapp sind. »Mit dem Zugang zu Wind-, Solar-, Geothermie- und Gezeitenkraftwerken ist Kenias Potential für erneuerbare Energien kosteneffizient und verursacht keinen Schaden für Mensch und Umwelt«, so der Koordinator für Decoalonize-Kampagnen, Omar ­Elmawi.

Allerdings führt die Nutzung erneuerbarer Energien nicht automatisch zu mehr Energiegerechtigkeit, wie das Beispiel des im vergangenen Jahr in Betrieb genommenen Windkraftparks Turkana-See im Norden Kenias zeigt. Mit 365 Windkraftanlagen ist er der größte Afrikas. Einen Stromanschluss hat in dieser Region kaum jemand, und die erzeugte Energie wird per Hochspannungsleitung über 400 Kilo­meter ins zentrale Stromverteilungswerk ­Suswa im Süden des Landes transportiert.