In Großbritannien konnten Antifaschisten eine europaweite Konferenz der Identitären Bewegung weitgehend stören

Den Rechten ins Bier spucken

Antifaschisten haben eine europaweite Konferenz der Identitären Bewegung in Groß­britannien gestört. Die Konferenz verdeutlichte, wie sich Rechtsextreme dort vernetzen und rekrutieren.

Ungestört blieben sie nicht. Am 14. April wollte die Gruppe »Generation Identity« (GI) in London eine internationale Konferenz abhalten. GI ist ein Ableger der 2012 in Frankreich gegründeten Identitären Bewegung (IB), die sich seither auch in Deutschland und Österreich etablieren konnte. 2017 fasste die Bewegung auch in Großbritannien und Irland Fuß. Bekannt ist, dass Martin Sellner, der Sprecher der IB in Österreich, bei der Gründung von GI in Großbritannien und Irland eine Rolle spielte. Sellner nahm im Oktober 2017 an einer Konferenz der rechtsextremen »Traditional Britain Group« (TBG) teil, nach der die erste öffentliche Aktion von GI stattfand: Die Identitären entrollten ein Transparent mit der Aufschrift »Defend London – Stop Islamisation« auf der Westminster Bridge in London.

Recherchen der Organisation »Hope not Hate« zufolge beläuft sich die Mitgliederzahl der von Jordan Diamond, Sebastian Seccombe und Damhnait McKenna angeführten Gruppe in Großbritannien und Irland auf rund 30 Personen. Mit über 7 000 Facebook-Fans scheinen sie aber weitaus mehr Sympathisanten zu besitzen. Sie sind »Hope not Hate« zufolge die am schnellsten wachsende rechte Gruppe und eine Anlaufstelle für Mitglieder von inzwischen verbotenen rechtsextremen Gruppen wie beispielsweise National Action. Bisher beschränkten sich die Aktionen von GI hauptsächlich auf das Anbringen von Aufklebern und das Verteilen von Broschüren in London, Belfast, Dublin, Glasgow, Manchester und Edinburgh. In Dublin und London entrollten Mitglieder von GI im Januar auch Transparente.

Im Zentrum der Ideologie der Identitären stehen die Ablehnung von Einwanderung und die Feindschaft gegen Muslime. In manchen linken Kreisen auch als »Nazi-Hipster« bezeichnet, gibt sich die Bewegung jugendlich und hip. Teil der Strategie von GI ist die Rekrutierung rassistischer Studierender, etwa durch Transparentaktionen. GI-Aufkleber wurden auf mehreren Unversitäts-Campussen in London gefunden.

Für das vergangene Wochenende hatte GI nun eine Konferenz in London zur europaweiten Vernetzung angekündigt. Die Gruppe wollte die unterschiedlichen »Kulturen« Europas feiern, den Teilnehmern sollten Wissen und Kompetenzen vermittelt werden. GI sieht sich zwar als europaweite ­Bewegung, bevorzugt aber eine klare Trennung zwischen den einzelnen ­europäischen Nationen. Als Sprecher waren Mitglieder von Gruppen der IB aus Deutschland, Ungarn und Italien angekündigt. Sellner sollte ebenfalls erscheinen, doch ihm untersagten die britischen Behörden erneut die Einreise wegen seines Engagements bei der rechtsextremen Bewegung. Kurz vor ihm war auch der Leiter der ungarischen Identitären, Ábel Bódi, als »unerwünschte Person« abgewiesen worden. Lorenzo Fiato von den italienischen Identitären hatte zuvor wegen Krankheit abgesagt.

Die Organisatoren der Konferenz hatten den Teilnehmern Kontakte zu den Referenten versprochen sowie ein kostenloses Mittagsbuffet. Ob sie tatsächlich in den Genuss eines Buffets kamen, ist unklar. Der Ort der Veranstaltung war lange geheimgehalten worden. Zunächst war sie in London geplant. Als die Identitären offenbar ­Panik bekamen, wichen sie kurzfristig auf das Stag Theatre in Sevenoaks südöstlich von London aus. Antifaschisten fanden das jedoch schnell heraus, so dass die Veranstalter nach einigen Stunden weiterziehen mussten. Als rund 30 Identitäre sich daraufhin in einem Pub in Sevenoaks versammelten, die Antifaschisten machten den Inhaber des Pubs per Twitter auf seine rechtsextremen Gäste aufmerksam, der diese des Lokals verwies.

Nach der mehr oder weniger gescheiterten Versammlung am Samstag versuchte GI es einen Tag später erneut. Am Sonntagmorgen versammelten sich an die 30 Identitäre an der Speaker’s Corner im Hyde Park in London, weil Vertreterinnen der von den Identitären initiierten Kampagne »120 dB« dort reden wollten. Es ist ein Ort, an dem Bürgerinnen und Bürger traditionell öffentliche Reden halten können. Auch Sellner hätte dort Anfang März sprechen wollen, wäre ihm nicht die Einreise verweigert worden. Am Sonntag wurden die Identitären nach ungefähr einer halben Stunde von Antifaschisten unterbrochen, die eine Gegenveranstaltung organisiert hatten, und mussten unter Polizeischutz aus dem Park eskortiert werden. Zunächst fanden sie Zuflucht im nahegelegenen Pub »Duke of York«, bekamen jedoch nach anhaltenden Protesten von Antifaschisten kein Bier mehr ausgeschenkt. Eine Polizeieskorte begleitete die Rechten daraufhin zur nächsten U-Bahnstation.

Trotz aller Fehlschläge wurde deutlich, wie die alte Rechte in Großbritannien sich in neuem Gewand zeigt. Nicht nur sind viele GI-Mitglieder Überläufer aus anderen rechten Gruppen, GI pflegt auch enge Beziehungen zu einigen der bekanntesten Persönlichkeiten der britischen und internatio­nalen Rechten, wie etwa Stephen Yaxley-Lennon, besser bekannt als Tommy ­Robinson, der Gründer und ehemalige Anführer der English Defence League. 2017 nahm er Videos für die rechte Webseite Rebel Media auf. Zu deren Dunstkreis gehören auch Lauren Southern, eine rechte kanadische Youtuberin, sowie Brittany Pettibone, eine US-amerikanische Youtuberin der Alt-Right-Bewegung und die Freundin von Sellner. Auch ihr wurde am Freitag die Einreise nach Großbritannien ­verweigert.