Die neue Große Koalition setzt auf mehr »Heimat« und weniger Zuwanderung

Regieren mit dem Masterplan

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Der neue Ton schlägt sich in neuen Maßnahmen nieder: Alle neuen Asylanträge sollen zukünftig in zentralen Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungszentren bearbeitet werden. Algerien, Marokko und Tunesien sollen zu »sicheren Herkunftsstaaten« erklärt werden. Im Bereich der inneren Sicherheit sollen insgesamt 15 000 neue Stellen geschaffen werden. Der neue Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat einen »Masterplan für schnellere Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen« angekündigt.

Sein Ministerium wird auch eine neue »Heimatabteilung« erhalten. Dafür soll das Personal kräftig aufgestockt werden: Von 209 neuen Stellen in den Bundesministerien sind alleine 98 für »heimatbezogene Innenpolitik« vorgesehen. Wie Seehofers sicherheitspolitische Vorstellungen aussehen, lässt sich derzeit bereits in Bayern beobachten, wo bis Mai ein neues Polizeigesetz verabschiedet werden soll. Die polizeilichen Befugnisse sollen dort erheblich ausgeweitet werden: Künftig sollen Maßnahmen wie die Überwachung der Telekommunikation, Kontopfändung, elektronische Fußfessel und Aufenthaltsgebote nicht nur gegen »konkrete«, sondern auch gegen »drohende Gefährder« ohne klare Hinweise auf eine bevorstehende Straftat angewendet werden können. Noch hat Seehofer solche Pläne nicht für den Bund angekündigt. Doch bei der Vorstellung seiner ersten innenpolitischen Vorhaben nannte er Bayern als Vorbild für »mehr Sicherheit«.

Auch im Auswärtigen Amt gibt es einen Ministerwechsel: Bundesaußenminister ist mittlerweile der ehemalige Justizminister Heiko Maas. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Sigmar Gabriel spricht er nicht von einer schrittweisen Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland; die »andauernde Aggression gegen die Ukraine« könne man nicht hinnehmen, sagte er in seiner Antrittsrede. Zudem kündigte er an, die Beziehungen zu Israel verbessern zu wollen. Auf einer seiner ersten Reisen will er den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu treffen, Medienberichten zufolge haben die beiden Politiker eine Zusammenkunft schon telefonisch vereinbart.

Das sind neue Töne aus dem Außenministerium. Gabriel, zurzeit beliebtester Politiker Deutschlands, hatte im April 2017 die Absage eines Treffens mit Netanyahu provoziert, als er in Israel unbedingt Nichtregierungsorganisationen treffen wollte, die die israelische Armee notorisch als Kriegsverbrecher darstellen. Der SPD-Politiker bezeichnete Israel in der Vergangenheit wiederholt als »Apartheid-Regime«, den Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas hingegen als »seinen Freund«. Nach dem Abschluss des Atomabkommens mit dem Iran besuchte er als erster westlicher Spitzenpolitiker das dortige Regime, das Israel bekanntermaßen überaus feindlich gesinnt ist. Dass Gabriel nur noch einfacher Bundestagsabgeordneter ist und Maas statt seiner das Außenministerium leitet, könnte also mehr als eine kleine Abwechslung sein.