Für die schlechte Sache

Der Kampf gegen Ausbeutung ist an sich eine noble Sache. Manchen nimmt man die edle Absicht aber einfach nicht ab. Der saudi-arabische Geistliche und Autor von Selbsthilfebüchern Abdullah Mohammed al-Dawood hat mit seinen ultrakonservativen Ansichten jüngst den Vogel abgeschossen, seinen eigenen aber offenbar behalten. Am vorvergangenen Sonntag hatte er auf Twitter, wo er Medienberichten zufolge über 97 000 Follower hat, auf Arabisch ein Hashtag erstellt, das als #belästigt_kassiererinnen gelesen werden kann. Es folgte ein Sturm der Entrüstung von saudischen und arabischen Twitter-Usern. Sie warfen ihm vor, zu sexueller Belästigung aufzurufen. Verlinkt hatte al-Dawood zu seinem hashtag auch eine konservative Studie, in der die Berufstätigkeit von Frauen mit Menschenhandel gleichgesetzt wird. Erst 2011 waren im Königreich einige Verbote für die Berufstätigkeit von Frauen an gemischtgeschlechtlichen Arbeitsplätzen aufgehoben worden.
Einige Tage später verteidigte al-Dawood sein Hashtag in einem Interview mit einer saudischen Zeitung. Er sei falsch verstanden worden: »Kassiererinnen würden belästigt werden«, habe er sagen und sich damit gegen deren Ausbeutung wenden wollen. Dass männliche wie weibliche Arbeitskraft im Kapitalismus ausgebeutet wird, stimmt natürlich, und sexuelle Belästigung von Frauen ist Alltag. Dagegen angehen will der mysogine Muslim aber nicht, erreichen wollte er vielmehr, dass Frauen zu Hause bleiben – unter der Fuchtel der Männer. An Ausbeutung weiblicher Arbeitskraft gegen Kost und Logis und sexualisierten Übergriffen stört er sich nicht, solange diese im Privaten stattfinden. Sündig geht es ihm zufolge nur in der Öffentlichkeit zu. So soll er einst auch gefordert haben, Säuglinge zu verschleiern, um sie vor sexueller Belästigung zu schützen. Triebkontrolle gehört eben nicht zu den Stärken mancher Männer. Dass diese das eigentliche Problem sind, fällt dem Selbsthilfeautoren nicht ein. Um ein Missverständnis scheint es sich bei der Interpretation seines Hashtag auch nicht gehandelt zu haben. Schließlich kam die Kritik von arabischsprachigen Usern und er selbst berief sich auf einen islamischen Krieger aus dem 7. Jahrhundert, der einst seine Frau unerkannt auf der Straße belästigt habe, damit diese zu Hause bleibe. Anhänger al-Dawoods wenden sich zudem gegen ein geplantes Gesetz gegen Belästigung am Arbeitsplatz.