Der französische Front National sucht internationale Anerkennung

Front International

Mit Blick auf die Wahlen in Frankreich möchte die Vorsitzende des Front National, Marine Le Pen, ihr »internationales Profil« schärfen. Die Bilanz ihrer zu diesem Zweck angetretenen Reise in die USA fällt bescheiden aus.

Schon seit Monaten hofft Marine Le Pen, die Vorsitzende des rechtsextremen Front National (FN), auf eine Zuspitzung der Euro-Krise. Die Politikerin sehnt sich regelrecht nach dem Auseinanderbrechen der Euro-Zone, das von ihrer Partei seit längerem prophezeit wird. Le Pens Ansicht nach ist eine Rückkehr zu den Nationalwährungen unbedingt notwendig, zu einem »koordinierten« Ausstieg gebe es keine Alternative. Dabei solle sich nicht nur Frankreich aus der Währungsunion verabschieden, sondern auch die anderen EU-Staaten, allen voran Griechenland. Anders als viele Politiker in Deutschland prangert Le Pen Griechenland jedoch nicht als »Schuldenstaat« an, sondern stellt es als Opfer der supranationalen Strukturen in der EU dar. Diese Auffassung bekräftigte sie nochmals vergangene Woche beim »Bankett der Tausend« in Paris vor Parteimitgliedern und Anhängern.

Die Eskalation der Euro-Krise Anfang November konnte Le Pen da nur gelegen kommen. Doch als sich der Schuldenstreit um Griechenland zuspitzte und sie sich in der akut gewordenen Frage nach dem Verbleib des Landes in der Euro-Zone hätte profilieren können, fiel sie mit einem ausgesprochen schlechten Timing auf. Denn zu diesem Zeitpunkt war Le Pen weit weg von Europa. In den USA versuchte die Vorsitzende des FN, an ihrem »internationalen Profil« zu arbeiten. Auf dem Programm standen Termine mit US-amerikanischen Persönlichkeiten und Politikern. Eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung ihres Besuchs spielte der Italo-Amerikaner Guido Lombardi. Er trat bereits früher als Vertreter für die rassistische Lega Nord aus Italien in den USA auf.
So traf sich Le Pen in der ersten Novemberwoche mit einem der Anwärter auf die US-Präsidentschaftskandidatur für die Republikaner, dem Rechtslibertären Ron Paul. Der FN hatte diese Zusammenkunft schon länger angekündigt. Der texanische Politiker hatte dagegen mehrfach versucht, die Bedeutung dieses Termins herunterzuspielen. Noch Ende Oktober hieß es gar, die Verabredung sei abgesagt. Letztlich empfing Paul Le Pen dann doch in seinem Abgeordnetenbüro in Washington, D. C. Allerdings musste sie dort fast eine Stunde auf ihn warten, für ein Treffen, das dann nur zehn Minuten dauerte. Paul kann also, falls er sich deswegen Kritik anhören muss, das Gespräch als unbedeutende Zusammenkunft darstellen, bei dem Le Pen keine gleichwertige Diskussionspartnerin gewesen sei. In dem Gespräch, so war zu erfahren, sei es vor allem um eines von Pauls Lieblingsthemen gegangen: die Rückkehr zur Währungsbindung an den Goldstandard, wie sie vor 1973 bestanden hatte.

Für einen anderen Termin Le Pens, und zwar am Sitz der Vereinten Nationen in New York, hatten ihre Berater überwiegend französischsprachige Botschafter zu einem Dinner eingeladen. Den eigenen französischen Botschafter, der mit der Geschichte und dem Programm von Le Pens Partei vertraut sein dürfte, hatte man wohlweislich nicht hinzugezogen. Einige Diplomaten folgten der Einladung, darunter etwa der Botschafter von Trinidad und Tobago, der eher von geringem Interesse für den französischen Medienbetrieb rund um den Wahlkampf sein dürfte. Von einem anderen Teilnehmer der Runde lässt sich das nicht behaupten: dem israelischen UN-Botschafter Ron Prosor. Dieser nahm für 20 bis 30 Minuten an der Gesprächsrunde teil, ging dann und erklärte am Ausgang auf Nachfrage von Journalisten, er rede gerne mit allen politischen Kräften. Die Diskussion sei gut verlaufen, ließ er wissen. Kurz darauf dementierte jedoch das israelische Außenministerium, dass das Zusammentreffen beabsichtigt gewesen sei. Prosor habe sich im Termin geirrt und sich über den Charakter der Runde getäuscht. Kontakte zum FN seien nicht erwünscht.
In Bezug auf Israel verfolgt der FN besondere Interessen. Bereits 1987 war der damalige FN-Vorsitzende Jean-Marie Le Pen in New York unter anderem mit Repräsentanten des Jüdischen Weltkongresses zusammengekommen. Seine offensichtliche Absicht war es damals, das Image der Partei als Wiedergängerin des historischen Faschismus und Antisemitismus abzustreifen. Zugleich wollte er so seinen antiarabischen Rassismus besser legitimieren. Doch nur sieben Monate nach dem Treffen bekannte sich der Parteivorsitzende im französischen Fernsehen lautstark zu den Ansichten der rechtsextremen Geschichtsrevisionisten. Der Jüdische Weltkongress brach die Beziehungen ab, und die Pläne, im Präsidentschaftswahlkampf von 1988 auch nach Israel zu reisen, gab Le Pen auf.

Seine Tochter versucht nun, an jene kurzzeitig angewandte diplomatische Strategie anzuknüpfen. Vor diesem Hintergrund ist auch ihr zweites symbolisch bedeutsames Treffen zu sehen: In Florida traf sie mit William J. Diamond zusammen, einem führenden Funktionär des American Israel Public Affairs Committee (AIPAC), eine Organisation, die sich in den USA für die Interessen des Staates Israel einsetzt. Zu dem Gespräch in Palm Beach waren keine Beobachter zugelassen. In Frankreich wurde der Termin erst Tage später bekannt, nach der Rückkehr Le Pens. Louis Aliot, der Vizevorsitzende des FN und zugleich Lebensgefährte von Le Pen, sagte dazu, in dem Gespräch sei es um den »Islam, arabische Revolutionen und Einwanderung« gegangen.
Die Bilanz der Reise Le Pens fällt insgesamt nicht besonders positiv aus, zumindest den Darstellungen in den französischen Medien zufolge. So habe die Politikerin den Kontakt zu einer Reihe hochrangiger Gesprächspartner gesucht, die ihr jedoch abgesagt oder ein Treffen regelrecht verweigert hätten. Dass sie zudem den jüngsten Höhepunkt in der Euro- und Griechenland-Krise verpasst hatte, wurde vielfach als besonders ungünstig für ihren Wahlkampf gewertet. Dessen ungeachtet befindet sich Le Pen in Wählerumfragen auf einem Niveau, das die Partei unter dem Vorsitz ihres Vaters nicht kannte. Zwischen 17 und 20 Prozent der Stimmen werden ihr derzeit vorausgesagt.