Er hat sie ordentlich gewurmt

Mit dem »Regenwurm-Skandal« wurde Dmitrij Wadimowitsch Selenin berühmt. Als Bundespräsident Christian Wulff im vorigen Oktober Moskau einen Besuch abstattete, ließ es sich Präsident Dmitrij Medwedjew nicht nehmen, ihm zu Ehren ein Dinner im Kreml zu veranstalten. Zu den Gästen dieses Staatsbanketts gehörte Selenin, der Gouverneur der Region Tver. Er schien sich an diesem Abend vorgenommen zu haben, der vermutlich drögen Veranstaltung etwas Witziges abzugewinnen. Nach dem Festakt veröffentlichte Selenin auf seinem Twitter-Account pikante Details zum servierten Menü. Er zeigte ein Foto, auf dem ein Teller mit Salat zu sehen war, in dem ein Regenwurm herumkroch. »Solche Dinge passieren sogar im Alexander-Saal des Kreml. Als Beilage zum Rindfleisch wird Salat mit Würmern serviert. Damit wollte man wahrscheinlich zeigen, dass der Salat frisch ist«, kommentierte Selenin seinen Schnappschuss. Mit solchem Humor konnte man in Moskau wenig anfangen, der Twitter-Kommentar sorgte für richtig schlechte Stimmung. Und wer den Kreml erzürnt, hat erfahrungsgemäß wenig zu lachen. Sergej Prichodko, außenpolitischer Berater des russischen Präsidenten, forderte prompt den Rauswurf Selenins. Und um die Dringlichkeit seiner Forderung zu unterstreichen, verlangte er nach einem Gesetz, das es ermöglicht, Gouverneure wegen »idiotischen Verhaltens« zu entlassen. Der Chefkoch im Kreml, Anatoly Galkin, beeilte sich, jede Verantwortung für den Wurm im Salat mit der Begründung abzulehnen, dass am Tag von Wulffs Staatsbesuch leider der Lebensmittelprüfer im Urlaub gewesen sei. Immerhin bewirkte der »Regenwurm-Skandal«, dass die Hygienevorschriften in den Kreml-Küchen überprüft wurden, in Zeiten der Ehec-Epedemie ist zumindest das eine erfreuliche Nachricht. Ob Selenin seinen kleinen Scherz politisch überleben würde, war schon im Oktober eine oft gestellte Frage. Dass er unmittelbar nach der Kritik das Foto und den Kommentar von seinem Twitter-Account löschte, reichte anscheinend nicht, seit Mitte Juni ist er den Gouverneursposten los. Unterstützer vermuten, dass der bekennende Internetfan dem Kreml vor der Duma-Wahl im Dezember zu unbequem geworden sei. Internet und Humor – mit dieser brisanten Mischung kann man derzeit einige Regierungen in Panik versetzen.