Die Haltung der USA zur Revolte in Ägypten

Die zweifelhaften Freunde der USA

Obamas Versuch, weder den alten Partner Mubarak noch die junge Demokratiebewegung zu verprellen, handelte ihm international Kritik ein. In den USA wurde er dafür allerdings sogar von vielen Republikanern gelobt. Ein Teil der US-Opposition hielt dagegen bis zuletzt zu Mubarak.

»Das ägyptische Volk hat gesprochen«, so begrüßte US-Präsident Barack Obama den Rücktritt Hosni Mubaraks und mahnte gleichzeitig, dass dies nun der Beginn eines Demokratisierungsprozesses sein müsse. Viele Fragen seien unbeantwortet, sagte er, doch habe er volles Vertrauen, dass das ägyptische Volk für sich selbst die rich­tigen Antworten finden werde.
Zuvor hatte Obama bange drei Wochen lang einerseits versucht, den Bemühungen der Ägypter, sich ihres Despoten zu entledigen, zumindest mit Offenheit zu begegnen, und andererseits Hosni Mubarak, einem der engsten und wichtigsten Verbündeten der USA im Nahen Osten, nicht voreilig die Freundschaft zu kündigen. Dass Mubarak abgetreten ist, dürfte es Obama nun leichter machen, seinen Kurs, wie er ihn 2009 in einer Rede an der Kairoer Universität umrissen hatte, wieder aufzunehmen: Unter seiner Präsidentschaft, so hatte er damals gesagt, würden die USA Bestrebungen nach Demokratie, Menschenrechten und Freiheit mit Freude unterstützen, doch müssten diese von den Unterdrückten selbst ausgehen. Denn eine Demokratisierung könne weder durch harte Diplomatie noch durch Bomben erzwungen werden.
Interne Stimmen aus dem Sicherheitsapparat betonen nun, dass die Regierung auf diplomatischen und militärischen Kanälen eng mit den jetzigen Machthabern in Ägypten kooperiere, um eine Demokratisierung Ägyptens zu unterstützen. Viele außenpolitisch idealistische Linke aus dem Umfeld der Demokraten sprechen in Anlehnung an Obamas Kairoer Rede von einem neuen außenpolitischen Standard der Demokratisierung und richten ihr Interesse bereits auf Alge­rien und andere Staaten der Region. Doch erst im Laufe der Entwicklung in Ägypten wird sich zeigen, ob Obamas Außenpolitik des »community organizing« tatsächlich im Interesse der USA verläuft und die Hoffnungen idealistischer Linker erfüllt.

Im konservativen Spektrum der US-Politik hat die Revolution in Ägypten einiges durcheinander­gewirbelt, denn weite Teile des republikanischen Milieus befürworten den Wandel und begrüßen Obamas vorsichtige Außenpolitik der vergangenen Wochen. Selbst der republikanische Sprecher des Abgeordnetenhauses, John Boehner, hat nur Lob für den Präsidenten. Auch die Neokonservativen beweisen Prinzipientreue: »Wer liebt eine demokratische Revolution nicht?« fragte Charles Krauthammer, Publizist und Unterstützer der Bush-Doktrin. Obwohl die Neocons auch versuchen, im Nachhinein die militärisch forcierte Demokratisierungspolitik des ehemaligen Präsidenten George W. Bush bestätigt zu sehen, scheint ihre Freude über die Revolution echt zu sein – im Gegensatz etwa zum ehemaligen Vizepräsidenten Dick Cheney, der Mubarak noch kurz vor seinem Abgang als »guten Kerl« titulierte.

Die Unterstützer des Mubarak-Regimes aus der Partei der Republikaner sammeln sich seit dem Ausbruch der Aufstände vor allem um Rupert Murdochs rechten Propagandasender Fox News. Während die Chefideologen von Fox, Sean Han­nity und Bill O’Reilly, vor allem vor einer Instabilität Ägyptens warnten, malten zahlreiche andere Fox-Propagandisten Schreckensszenarien von einem ägyptischen Staat unter der Herrschaft der Muslimbrüder. Besonders grotesk fiel Glenn Becks Behauptung aus, dass Obama gemeinsam mit Muslimbrüdern und »arabischen Kommunisten« versuchen werde, ein Kalifat zu errichten.
Doch warum haben sich Murdochs Leute und viele Republikaner so vehement für Mubarak eingesetzt? Zum einen scheint sich Fox in der Rolle der Fundamentalopposition wiederzufinden. Nach Jahren der Agitation gegen den aus ihrer Sicht muslimisch wirkenden Fremden im Weißen Haus als auch gegen die islamische Bevölkerung war es dem oppositionellen Sender offenbar nicht möglich, plötzlich für Obama und einen Aufstand von Menschen zu stimmen, die man zuvor pauschal als islamistische Terroristen abgestempelt hatte. Zum anderen wird von einigen linken Kommentatoren wie Rachel Maddow gemutmaßt, dass Murdochs Imperium auf diese Art der saudi-arabischen Herrscherfamilie einen Gefallen erweise. Immerhin gehört Murdochs News Corporation zu sieben Prozent dem einflussreichen saudischen Prinzen al-Walid bin Talal.
Doch nicht nur Fox sorgt sich darüber, dass die Demokratisierung im Nahen Osten auch Saudi-Arabien erfassen könnte. Einige aus dem republikanischen wie auch dem demokratischen Establishment scheinen ihre revolutionären Hoffnungen zwar auf Algerien, Syrien, Jordanien, Libyen und andere Länder zu projizieren, keinesfalls aber auf Saudi-Arabien. So sprach der republikanische Außenpolitiker und ehemalige Verteidigungsminister unter Präsident Clinton, William Cohen, Ende voriger Woche apologetisch von »Reformversuchen einer sich modernisierenden Königsfamilie« in Saudi-Arabien und mahnte die dortige Bevölkerung, sie solle Ruhe bewahren.