LeserInnenworld

Jungle World 34/08: »Mit Hurricane Johnny zur Arche Noah«
Ekel an der Fleischtheke
Erst zwei Artikel gegen Veganer und Tierrechtler bringen und dann einen vierfarbigen Wohlfühlartikel über neuseeländische Nationalparks samt deren leicht vertrotteltem Betreuungspersonal ins Blatt heben. Ein mieses, ein ganz mieses Versöhnungsangebot. Ihr scheint wirklich zu glauben, dass ihr es bei linksradikalen Veganern und Tierrechtlern, auf die die Artikel der letzten Wochen nur gezielt haben können, mit Esofreaks und harmoniesüchtigen Hippiekindern zu tun habt. Dass ihr allerdings angesichts der Hurricane-Johnny-Reportage noch nie Selbstekel an der Fleischtheke verspürt haben solltet, ist nicht zu glauben. Gerade dieser Ekel könnte Ausgangsposition für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema abseits des Herrenwitzes sein – und dies würde der guten alten marxistischen Tugend die Ehre erweisen, die gegnerische Position dort anzugreifen, wo sie am stärksten ist. Aber wahrscheinlich ist das für euch nicht einmal eine Position. georg heilmann

Jungle World 34/08: »Es muss nicht immer Alkohol sein.«
Trinken für wenig Geld
Es ist schon in gewisser Weise amüsant, das Interview zu den Botellónes zu lesen. Ströhleins scheele Fragen demonstrieren etwa denselben Blick durch die Spießerbrille (wenngleich vermutlich wohlwollender), wie er in zahlreichen LeserInnenbriefen spanischer Zeitungen zu finden war, bevor die Botellónes dort vor einigen Jahren verboten wurden. Seither werden sie nicht selten polizeilich unterbunden, was auch das erwähnte aggressive Verhalten erklären könnte. Inzwischen darf nach 22 Uhr kein Alkohol mehr auf der Straße verkauft werden, was je nach Kommune unterschiedlich streng durchgesetzt wird. In Sevilla, wo ich ca. zwei Jahre lang selber lebte, ist gerade erst eine neue Ordnungsrichtlinie in Kraft getreten, die das nächtliche Leben im öffentlichen Raum zu großen Teilen unterbindet. Diesen Aspekt zu beleuchten, wäre interessanter gewesen, als dem Organisator des Genfer Botellón Rechtfertigungen abzuverlangen. Ich habe nach meiner Rückkehr in die BRD die Botellónes vermisst, da man dort in entspannter Atmosphäre schnell Leute kennen lernt, ohne viel Geld in Kneipen ausgeben zu müssen. Es wird getrunken und gekifft, klar. Dabei wird gern geteilt, und die Dosis ist bestimmt nicht höher als auf einer WG-Party in Deutsch­land. Das bedarf keiner Rechtfertigung und ist gewiss nicht so merkwürdig, wie es Ströhlein erscheinen mag, sondern schlicht Ausdruck von Lebensfreude. a.t.