Das Schema Eyadéma

Auch nach dem Tod des Diktators Eyadéma deutet in Togo wenig auf Veränderungen hin. von thomas nagel

Der Diktator ist tot, es lebe der Diktator. Nur Stunden nach dem Tod von Afrikas dienstältestem Diktator Gnassingbé Eyadéma am 5. Februar schuf die Armee Fakten, ohne sich um die geltende Verfassung zu scheren. Im Staatsfernsehen verkündete Heeresstabschef General Zachari Nandja, im Beisein aller weiteren Spitzenmilitärs des Landes, Eyadémas Sohn, Fauré Gnassingbé, vorher Minister für Bergbau und Fernmeldewesen, werde das Präsidentenamt übernehmen.

Gleichzeitig wurden die Landesgrenzen komplett abgeriegelt. Dass der verfassungsmäßige Nachfolger des verstorbenen Despoten, Parlamentspräsident Fambaré Ouattara Nachaba, gerade Europa bereiste, passt fast schon zu gut in diesen Plot, um Zufall zu sein. Nachaba trat nach der Todesnachricht eilig die Rückreise an, doch sein Flugzeug wurde ins benachbarte Benin umgeleitet. Dort blieb dem Parlamentspräsidenten die Rolle des machtlosen Zuschauers, während der Heeresstabschef erklärte, man habe Fauré Gnassingbé zum Präsidenten gekürt, »um kein Machtvakuum entstehen zu lassen«. Denn Nachaba befinde sich ja leider im Ausland.

Schon am Tag danach kürte das Parlament in einer Sondersitzung Fauré Gnassingbé zum neuen Parlamentspräsidenten. Es wurde auch gleich die Verfassung geändert, so dass der Sohn nicht nur kommissarisch, sondern bis zum Ende der bis 2008 laufenden Amtszeit seines Vaters das Amt des Staatschefs übernehmen kann. Die Verfassung sah ursprünglich Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen vor. Am 7. Februar wurde Fauré Gnassingbé feierlich als Präsident der Republik Togo vereidigt.

Dieses Vorgehen fügt sich nahtlos ein in die Machterhaltungsstrategien nach dem »Schema Eyadéma«. Als sich in den neunziger Jahren Wahlen nicht mehr umgehen ließen, wurden sie manipuliert. Der Diktator ließ 2002 die Verfassung ändern, um sich eine weitere Amtszeit als Präsident zu ermöglichen. Immer stand die Armee bereit, um Oppositionelle mit blankem Terror zu bekämpfen.

Dass nun sein Sohn die Macht erben soll, wurde von der Afrikanischen Union und der EU einhellig als »Staatsstreich« verurteilt. Die Organisation der Frankophonie mit 55 Mitgliedsstaaten hat inzwischen die Mitgliedschaft Togos suspendiert. Auch die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas beschloss auf einem Sondergipfel in Niger, das neue Regime nicht anzuerkennen, und drohte mit Sanktionen, sollte Togo nicht zur verfassungsmäßigen Ordnung zurückkehren und innerhalb von 60 Tagen Präsidentschaftswahlen durchführen.

Doch BBC News berichtet von einem Treffen des Ecowas-Generalsekretärs mit Fauré Gnassingbé noch vor dessen Vereidigung. Die Gespräche seien, sagt der Vertreter der Ecowas, sehr fruchtbar gewesen. Mehr wurde nicht bekannt. Zur offiziellen Linie der Nichtanerkennung des Sohnes von Eyadéma als Präsident will das nicht recht passen.

Viel wird ohnehin davon abhängen, wie die ehemalige Kolonialmacht Frankreich mit dem neuen Herrscher umgeht. Eyadéma war als Chevalier der französischen Ehrenlegion »ein Freund Frankreichs und ein persönlicher Freund«, kommentierte Präsident Jacques Chirac den Tod des Despoten. Frankreich hat die 1993 von der EU beschlossene Suspendierung der Entwicklungshilfe immer wieder unterlaufen und damit die Wirkung der Sanktionen geschwächt.

Viele Togoer hatten gehofft, der Tod Eyadémas werde einen politischen Wandel einleiten. Ein Aufruf der Oppositionsparteien zu einem zweitägigen Generalstreik wurde jedoch nur teilweise befolgt, etwa die Hälfte der Betriebe und Geschäfte blieb geschlossen. Demonstrationen gab es bislang nur vereinzelt. Offenbar fürchten viele Oppositionelle eine Repressionswelle wie nach den manipulierten Wahlen von 1998, als mehrere hundert Menschen getötet wurden. Und die Chancen auf eine erfolgreiche Rebellion erscheinen derzeit gering.