So war’s unterm Sub

Zapatisten

Es war das Buch zum Geburtstag, so wie es den Film zum Geburtstag gab, die Plakate, die CD, die Solidaritätskonzerte, die Diskussionsrunden, die Feiern und überhaupt alles, was eine ordentlich geplante Publicity-Kampagne heutzutage bieten muss. Mit der Vorstellung des Bandes »20 und 10. Das Feuer und das Wort« begann im November vergangenen Jahres in Mexiko-Stadt eine monatelange Serie von Events, die sich mit dem zapatistischen Aufstand beschäftigte. Schließlich galt es, gleich zwei Jahrestage zu feiern: Vor 20 Jahren, am 17. November 1983, traf sich im südmexikanischen Regenwald eine Hand voll Mestizen und Indigene, um das Zapatistische Befreiungsheer EZLN zu gründen. Zehn Jahre später, am 1. Januar 1994, traten die indigenen Rebellen mit einem bewaffneten Aufstand erstmals öffentlich in Erscheinung.

Vor kurzem ist das Buch nun in deutscher Sprache erschienen. Die Autorin und Journalistin Gloria Muñoz Ramírez hat selbst sieben Jahre in zapatistischen Gemeinden gelebt. Zuvor hatte sie unter anderem mit dem Chiapas-Korrespondenten der mexikanischen Tageszeitung La Jornada, Hermann Bellinghausen, über die Rebellion im Südosten geschrieben. Zusammen mit ihrem Kollegen, der bis heute problemlos als nicht amtlicher Pressereferent der Zapatisten durchgeht, führte sie an jenem Februarmorgen 1995, an dem die mexikanische Regierung eine militärische Offensive gegen die Aufständischen in Gang setzte, ein Interview mit dem Subcomandante Marcos. Es hätte sein letztes Interview sein können, schreibt der »Sub« im Vorwort des Buches.

Muñoz Ramírez bemüht sich nicht um Distanz, und so ist »20 und 10« ein hausgemachtes Geschichtsbuch der zapatistischen Bewegung geworden. Nicht nur die einleitenden, auch die abschließenden Worte sind Marcos, dem Sprecher der Zapatisten, vorbehalten. Angereichert mit zahlreichen Fotos und Zeichnungen erzählt die Journalistin die Geschichte der Rebellion: die turbulenten Tage der bewaffneten Revolte, die sinnlosen Verhandlungen mit der Regierung, die Gründung autonomer Regierungsräte. Vieles davon wurde schon oft aufgeschrieben, nur vereinzelt fördert dieser Blick Neues zu Tage.

Umso überraschender ist der erste Teil des Buches. Nicht nur, weil hier erstmals öffentlich über die zehn Jahre zapatistischer Organisierung vor dem Aufstand informiert wird. Hier lässt Muñoz Ramírez die Akteure sprechen: Leutnant Insurgente im Sanitätsdienst Gabriela, Compañero Gerardo aus den ersten zapatistischen Dörfern oder Infanterie-Major Insurgente Moises. Sie berichten von klandestinen Treffen im nasskalten Regenwald, vom Aufbau von Kliniken und Schulen, von den alltäglichen Bemühungen um ein Leben in Würde. Die Geschichten wiederholen sich, immer wieder berichten die »Compas« in Gesprächen in den autonomen Gemeinden, ebenso wie in den niedergeschriebenen Zeugnissen, von ähnlichen Erfahrungen. Aber oft sind es diese einfachen und klaren Sätze, die die Rebellion der Indigenen trotz vieler Fragen so notwendig und überzeugend erscheinen lassen.

wolf-dieter vogel

Gloria Muñoz Ramírez: EZLN: 20 und 10. Das Feuer und das Wort. Unrast-Verlag, Münster 2004, 262 S., 18 Euro