Kein Farbenhass

Uefa-Platzsperre gegen Bosnien

Im EM-Qualifikationsspiel gegen Norwegen beleidigten bosnische Fans den schwarzen Norge-Kicker Jon Carew derart ausdauernd, dass er erklärte, »noch niemals zuvor so beleidigt« worden zu sein. Daraufhin verlegte die Uefa, die auch einem Balljungen unsportliches Verhalten vorwarf, das kommende Spiel gegen Dänemark von Zenica nach Sarajevo. In Zenica gewann Bosnien beide Spiele, in Sarajevo dagegen unterlag es zuletzt gegen Rumänien.

Jungle World dokumentiert den Brief, in dem der bosnische Verband gegenüber der Uefa das Verhalten seiner Zuschauer zu rechtfertigen suchte.

Sarajevo, den 22.9.2003

An: Uefa

Herrn Peter Limacher

Vorsitzender Disziplinarmaßnahmen

Betreff: 10. Uefa-Fußball-Europameisterschaft Bosnien-Herzegowina gegen Norwegen, 6.9.2003

Treffen des Uefa-Kontroll- und Disziplinarorgans, 24.9.2003

Sehr geehrter Herr Limacher,

mit diesem Brief schicken wir Ihnen folgende Stellungnahme, betreffend die so genannten rassistischen Gesänge unserer Anhänger:

So genannte »rassistische Gesänge« richteten sich nicht nur gegen Herrn Carew, sondern auch gegen Herrn Solskjaer, der, wir müssen hier diese unbeliebten Begriffe benutzen, »weiß« und nicht »schwarz« ist. Leider konnten wir diesen Hinweis im Bericht des Uefa-Gesandten nicht finden, aber vielleicht könnten sie dieser Sache noch nachgegehn.

Wir müssen feststellen, dass die Hu-Hu-»Gesänge« in Zenica nicht den üblichen rassistischen Formen entsprechen, und zwar deshalb, weil diese Stadt sehr bekannt ist für ihre islamischen Sekten – allen voran der Derwische. Das beanstandete Geräusch wird während der Predigten dieser Gruppen erzeugt, wird in Wirklichkeit aber He-He ausgesprochen und bedeutet im weiteren Sinne: »Oh Gott, hilf’ uns (zu gewinnen, zufrieden zu sein usw. …).«

Wir erinnern Sie erneut daran, dass in diesem Land niemals rassistische Gruppen und Hass exisitierten, der sich gegen andere »Farben« richtete, ja, dass das in unserer tausendjährigen Geschichte nie vorkam. Unser Land hat nie andere Länder erobert, deshalb hatten wir auch nie Sklaven irgendeiner Hautfarbe – was bekanntlich der Hauptgrund für Rassismus oder rassistisches Verhalten als solches ist.

Was das falsche Verhalten der Balljungen anbelangt, so stellen wir fest, dass es sich dabei während des Spiels nur um einen Vorfall handelte direkt nach Erzielen des Tors, und einmal vor dem Spiel, was nicht absichtlich geschah. Es war vielmehr ein Resultat der großen Aufregung des Jungen über das Ergebnis, das für alle Leute im Stadion völlig überraschend kam, und er hatte sich in diesem Moment einfach nicht unter Kontrolle. Wir nehmen an, dass Sie das Verhalten des Jungen verstehen können, der seine Gefühle einfach nicht unter Kontrolle hatte, und zwar aus dem Grund, dass er noch keine wirklich erwachsene Person ist. Wir hoffen, dass Sie diese Fakten im Kopf haben, wenn Sie Ihre oben erwähnte Entscheidung treffen.

Mit freundlichen Grüßen

Munib Usanovic

Generalsekretär

Übersetzung: Markus Bickel