Diskussion um Sicherheit

Wehrhaftes Berlin

Innere Sicherheit ist alles. Entsprechende Bekentnisse innenpolitischer Hardliner lassen sich derzeit überall vernehmen, natürlich auch in Berlin. »Wir wollen wehrhaft sein«, verkündete Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Dienstag der vergangenen Woche, nachdem der rot-grüne Senat ein »Sofortprogramm« zur Verbesserung der inneren Sicherheit beschlossen hatte.

Das 13 Millionen Mark umfassende Programm hat es in sich. So soll die Berliner Polizei zusätzliche Fahrzeuge und Ausrüstungsgegenstände erhalten; der Verfassungsschutz bekommt 1,2 Millionen Mark zur Beobachtung tatsächlicher oder vermeintlicher radikaler Islamisten, die angeblich in der Hauptstadt ihr Unwesen treiben; 5,5 Millionen werden für Polizisten aufgebracht, die aus anderen Bundesländern nach Berlin abgestellt wurden. Seit den Anschlägen werden in Berlin 525 Objekte besonders geschützt, außer US-amerikanischen und israelischen auch jüdische und arabische Einrichtungen.

Ein großer Teil der hiesigen Linken hat nun diese neue Sicherheitspolitik - neben den geplanten militärischen Maßnahmen - zum Gegenstand ihrer Kritik gemacht. Das ist richtig und zugleich falsch. So hat der Anschlag auf die USA hinreichend demonstriert, dass der Islamismus derzeit das größte antisemitische Bedrohungspotenzial darstellt. Der Krieg militanter Islamisten richtet sich nicht nur gegen die USA und die verhasste westliche Zivilisation, sondern eben auch gegen die vermeintliche »Herrschaft des Weltjudentums«.

In Berlin gab es in der Vergangenheit mehrfach antisemitische Angriffe, wie etwa im Oktober 2000 auf die Synagoge in Kreuzberg, mit Unterstützung so genannter Anti-Imperialisten. Seit zwei Wochen wird das Gebäude am Landwehrkanal verstärkt von Polizeibeamten mit Maschinenpistolen bewacht. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden aufgestockt. Zu Recht. Wer sonst könnte etwa jüdische Einrichtungen zur Zeit wirkungsvoll schützen? Die Berliner Linke? Darauf sollte man sich besser nicht verlassen. Hätten die Berliner Sicherheitsbehörden lediglich militante Islamisten im Visier, wäre kaum etwas dagegen einzuwenden. Doch dem ist nicht so.

Die CDU legte am vergangenen Donnerstag einen Forderungskatalog zur inneren Sicherheit vor, der eine erhebliche Verschärfung geltender Gesetze vorsieht und dessen Verwirklichung die Stadt in einen großen Knast verwandeln würde. Von der Videoüberwachung so genannter gefährlicher Orte bis zur Rasterfahndung wird alles gefordert, was konservative Law-And-Order-Politiker seit Jahren schon an repressiven Maßnahmen im Sinn haben.

Noch sprechen sich Sozialdemokraten, Grüne und die PDS gegen den »Abbau von Bürgerrechten« aus. Innensenator Erhard Körting (SPD) erklärte, man dürfe Menschen nicht wegen ihrer Herkunft stigmatisieren. Doch genau das geschieht. Die autoritäre Formierung der Politik und der Gesellschaft geht mit der rassistischen Stigmatisierung großer Bevölkerungsteile einher, als ob man etwa Menschen arabischer Herkunft mit Islamisten gleichsetzen könnte.

Mitte voriger Woche wies Körting das Berliner LKA an, von den Berliner Universitäten die Herausgabe der Daten arabischer Studenten zu verlangen. Bislang weigerten sich die Universitäten, dem Ansinnen Folge zu leisten. Auch Studentenvertreter wiesen die »rassistisch motivierte Rasterfahndung« zurück. Die Berliner CDU hingegen war hoch erfreut. Und nicht nur sie. Auch der deutsche Normalbürger wird die Signale zu deuten wissen: Der Feind hat schwarze Haare, eine dunkle Hautfarbe und ist überall. In der Uni, auf der Straße, in der Nachbahrwohnung.