Rücktritt von Peter Mandelson

Erfolgreicher Verlierer

Der britische Nordirland-Minister Peter Mandelson ist von seinem zweiten Amt in der Regierung Blair zurückgetreten.
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Fieser Typ«, »intriganter Strippenzieher«, »arroganter Machtmensch« - die Antworten auf die Frage »Was denkst Du über Peter Mandelson?« hatten alle denselben Tenor. Peter Benjamin Mandelson, ehemaliger Minister für Nordirland sowie Ex-Minister für Handel und Industrie in der New Labour-Regierung, ist offensichtlich nicht besonders beliebt. Nachdem er am vergangenen Mittwoch von seinem zweiten Ministeramt zurückgetreten war, äußerten auch die großen Zeitungen Großbritanniens unverhohlen ihre Genugtuung.

»Er ist wieder draußen, weil er ein verlogenes, manipulatives, öliges, doppelgesichtiges, scheußliches Stück ist, das niemals in die Nähe der Regierung hätte kommen dürfen,« kommentierte etwa Rupert Murchochs rechtes Boulevardblatt The Sun. Anscheinend hat Mandelson in den letzten Jahren einiges falsch gemacht, denn gerade die Unterstützung der Boulevardzeitungen hatte New Labour zum großen Wahlsieg von 1997 verholfen. Mandelson galt als Stratege im Umgang mit den Medien, dem gute Kontakte zu vielen maßgeblichen Redakteuren nachgesagt wurden.

Doch so professionell er beim Verkauf des neuen Images der Labour Party vorging, so stümperhaft handelte er, wenn es um seine Person ging. Eine Lüge gegenüber dem Observer am vergangenen Sonntag besiegelte das vorläufige Ende seiner politischen Karriere. Er musste zugeben, dass er sich persönlich - und nicht einer seiner Mitarbeiter, wie er es in einem Interview dargestellt hatte - vor vier Jahren für die Passangelegenheit des indischen Geschäftsmannes Srichand Hinduja eingesetzt hatte.

Mandelson war damals als Minister ohne Geschäftsbereich für die Verwirklichung des »Millenium Dome« zuständig, des Londoner Pendats zum deutschen Expo-Flopp. Schon bald hatte sich der Dome als finanzielles Desaster entpuppt. Deshalb kam Hindujas Spende in Höhe von einer Million Pfund höchst gelegen. Sechs Tage nach der Übergabe des Schecks bewarb er sich um einen britischen Pass. Nach weiteren fünf Monaten war Hinduja britischer Staatsbürger, eine sensationell kurze Zeit, zumal sein erster Einbürgerungsantrag 1991 abgelehnt worden war.

Gegen Hinduja laufen in Indien Ermittlungen wegen Korruption, die kurz vor dem Abschluss stehen. Nachdem die dortigen Behörden sich in London beschwerten, dass der britische Pass Hinduja vor Strafverfolgung schütze, kam die Geschichte in die Schlagzeilen. Mandelson musste zugeben, in der Angelegenheit »geholfen« zu haben.

Schon einmal hatte Mandelson gelogen. 1996 hatte ihm Geoffrey Robinson, der wenig später zum Staatssekretär im Finanzministerium ernannt wurde, 370 000 Pfund (700 000 Euro) für den Kauf eines Hauses im Londoner Viertel Notting Hill geliehen. Mandelson versuchte, den Kredit geheim zu halten, musste jedoch nach dessen Bekanntwerden 1998 als Handels- und Industrie-Minister zurücktreten. Robinsons schnelle politische Karriere schien in Zusammenhang mit Mandelsons Dankbarkeit zu stehen. Doch nach zehn Monaten holte ihn sein Freund Tony Blair als Nachfolger der äußerst populären Nordirland-Ministerin Mo Mowlam in die Regierung zurück.

Besonders große Erfolge konnte Mandelson in seinem zweiten Kabinettsjob nicht aufweisen. Seine arrogante Art hat ihn nach Meinung einiger republikanischer Politiker auch zu einem Hindernis im nordirischen Friedensprozess werden lassen. Sein Rücktritt in einer kritischen Phase der Verhandlungen (Jungle World, 3/01) wird denn auch von keiner der beteiligten Parteien als großer Verlust bewertet.

Der 47jährige Mandelson hat eine steile Karriere hinter sich. Nach seinem Studium in Oxford arbeitete er als TV-Produzent. 1985 wurde er Labour-Parteibeauftragter für Öffentlichkeitsarbeit. Seit 1992 war er als Unterhausabgeordneter tätig. Maßgeblich beeinflusste er die parteiinternen Reformen, die aus der ehemaligen sozialdemokratischen Arbeiterpartei die heutige Mittelschichtsvertretung New Labour werden ließen.

»Eines muss klar sein«, sagte er auf einem der damaligen Parteitage, »kein Platz für Old Labour. Aber Old Labour-Mitglieder sind willkommen, wenn sie begreifen, dass sie sich verändern müssen.« Das linke Monatsmagazin Red Pepper bezeichnete ihn deshalb als »New Labours Champion in der Ablehnung der Werte und Politik, die mit Old Labour in Verbindung gebracht werden«.

Wenige Monate vor den Unterhauswahlen kommt die Affäre der Regierung Blair äußerst ungelegen. Bislang schien ihr Wahlsieg angesichts der schwachen Tory-Opposition sicher zu sein. Jetzt ist die gesamte Regierung plötzlich in Gefahr, als korrupt zu gelten. Nur Schatzkanzler Gordon Brown zeigt seit Mandelsons Rücktritt auffallend gute Laune. Der Euro-Skeptiker ist ein Intimfeind Mandelsons und gilt als potenzieller Nachfolger Tony Blairs; solche Ambitionen hat auch der Euro-Enthusiast Mandelson nie verborgen.

Doch der ist vorerst ausgeschaltet, auch wenn er im einzigen Interview nach seinem Rücktritt einer Lokalzeitung in seinem Wahlkreis bekanntgab: »Ich habe vor, für Hartlepool und seine Menschen zu kämpfen.« Doch ob er als Abgeordneter wiedergewählt wird, ist nach den jüngsten Umfrageergebnissen unsicher.

Schon die Enthüllungen in der Kreditaffäre nannte er »einen homophoben Plot« gegen ihn. Tatsächlich hat die gesamte Berichterstattung über »Mandy«, so sein Spitzname in der britischen Presse, einen schwulenfeindlichen Beigeschmack. Am Tag nach seinem Rücktritt machte die Sun mit einer Story über eine frühere Affäre seines Lebensgefährten auf. Der Express fragte sich, ob Blair ohne »Dracula überleben kann«, um anschließend zweideutig auf Mandelsons »persönliche Schwächen« anzuspielen. Mandelson selbst hat sich erst im vergangenen Jahr öffentlich zu seiner Homosexualität geäußert, weshalb er auch nie von der schwulen Szene unterstützt wurde.