Kfor besetzt Trepca-Mine

Grüner Präfekt in Pristina

Am Montag vergangener Woche, um halb fünf Uhr morgens, besetzten 800 Soldaten der Nato-geführten internationalen Kosovo-Truppe Kfor den Bleischmelzbetrieb Zvecan nahe der zwischen Serben und Kosovo-Albanern geteilten Stadt Kosovska Mitrovica. Der bisher von Serben geführte Betrieb gehört zum Kern des Bergbaukomplexes Trepca, der 40 Minen und metallverarbeitende Betriebe, ein Kraftwerk und die größte Batteriefabrik des ehemaligen Jugoslawien umfasst. Die überraschende Aktion wurde vom obersten Zivilverwalter des Kosovo, dem Franzosen Bernard Kouchner, angeordnet. Der Unmik-Chef begründete die vorläufige Schließung der Bleischmelze mit Gefahren für Mensch und Umwelt: Der Bleigehalt der von dem Betrieb ausgestoßenen Abgase habe den von der Weltgesundheitsorganisation festgelegten Grenzwert um das Zweihundertfache überstiegen.

Kfor und Unmik als verlängerter Arm von Greenpeace? Es ist gerade die offensichtliche und um keinerlei Glaubwürdigkeit bemühte Absurdität dieser Begründung, die ein bezeichnendes Licht auf das Uno-Nato-EU-Regiment im Kosovo wirft. Der Trepca-Komplex, in dem vor dem Kosovo-Krieg über 10 000 Beschäftigte arbeiteten, darunter viele Albaner, war in der Vergangenheit die wichtigste Devisenquelle und ein bedeutender Rohstofflieferant für Jugoslawien.

1998 schrieb die New York Times, das Trepca-Areal sei »das wertvollste Stück Grund und Boden auf dem Balkan« und »mindestens fünf Milliarden Dollar wert«. Kein Wunder, dass die Eroberung des Areals zu den wichtigsten Kriegszielen der UCK gehörte. Im Juli 1999 sagte ein Kommandant der albanischen Guerilla, seine Führung habe ihn angewiesen, »Trepca um jeden Preis einzunehmen und zu halten und unser Leben zu geben für dieses wirtschaftliche Ziel«. Im Oktober 1999 schrieb die taz zur Auseinandersetzung um Trepca, ein »unabhängiges Kosovo hätte ein industrielles Rückgrat bitter nötig, will es nicht auf Dauer am Tropf internationaler Geldgeber hängen«.

Mit der Besetzungsaktion in Zvecan haben die internationalen Protektoratsverwalter deutlicher als je zuvor bekräftigt, wie das Befriedungsregime an der Peripherie der EU funktioniert. Völkerrechtlich gedeckt von der UN-Resolution 1244, verfügt der Westen mit der Unmik erstmals über eine Behörde zur Regulation des postsozialistischen Verteilungskampfes. Völlig unbeeinflusst von demokratischen Kontrollmechanismen oder rechtlichen Verbindlichkeiten agiert Behördenleiter Kouchner im Protektorat nach der absolutistischen Manier eines klassischen Kolonialpräfekten.

Rechenschaft schuldet er allein den Regierungen der westlichen Großmächte, deren Zwecke Kouchners Mittel heiligen. Die Zwecke sind: Milosevics Serbien in Fortsetzung des Nato-Krieges weiter schwächen, das Kosovo um jeden Preis befrieden. Dabei stützt sich der Westen mittelbar auf den Gewaltapparat der UCK, unmittelbar auf den der Kfor.

Die neue, von Serben, Sinti und Roma gesäuberte Sozialarchitektur des Kosovo wurde und wird unter den Augen der 45 000 Kfor-Soldaten vom Terror der UCK und ihres fanatisierten völkischen Anhangs etabliert. Um die Neuverteilung der weltmarktfähigen Ressourcen kümmern sich, unbeeindruckt von eigentumsrechtlichen Spitzfindigkeiten, die Chefs selbst. Und für die Albaner fallen später noch gesunde Arbeitsplätze ab, denn Trepca wird, wenn es nach Kouchner geht, künftig von einem erfahrenen französisch-amerikanisch-schwedischen Bergbaukonsortium verwaltet. Alles in allem: ein Muster mit Zukunft.