Fusionen im Fußball-Geschäft

Zocken über Bande

Während Leo Kirch drei Vermarktungsagenturen miteinander verschmelzen wird, bastelt er gemeinsam mit anderen Medien-Unternehmern auch an der Super-Liga.

Mit einem ziemlich leisen Geräusch verpuffte in der letzten Woche die eigentlich spektakuläre Meldung des schweizerischen Wirtschaftsmagazins Cash, nach der die drei Sport-Vermarktungsagenturen Prisma, CWL und ISPR nun miteinander verschmolzen werden sollen. Ob das dieser Ankündigung folgende eher sehr geringe Medien-Echo daraus resultiert, dass Sportjournalisten grundsätzlich keine Wirtschaftsnachrichten lesen oder dass sich Finanzmenschen nicht für Sportliches interessieren, ist dabei unerheblich - der großen Öffentlichkeit entging dadurch jedenfalls ein genialer Coup der Kirch-Gruppe.

Denn mit dem Zusammenschluss könnte ein sportlicher Allrounder entstehen, jede der drei Agenturen arbeitet auf einem Spezialgebiet, gemeinsam könnte man einen führenden Service aufbauen. Die deutsche ISPR gehört zu 50 Prozent dem Springer-Konzern, gerade bietet man gemeinsam mit Kinowelt um die Übertragungsrechte an der Fußball-Bundesliga für die nächsten Jahre mit. CWL, ein schweizerisches Unternehmen, ist ebenfalls im Spitzensport aktiv. Man hat mit dem DFB einen über mehrere Jahre laufenden Vertrag für Banden-Werbung abgeschlossen, wird überdies die im nächsten Jahr in Deutschland stattfindende Eishockey-Weltmeisterschaft vermarkten und streitet derzeit mit der ARD, die die Bilder des Großereignisses zwar produzieren, aber nicht für die Senderechte bezahlen möchte.

Die Firma Prisma hat gemeinsam mit der ISPR die Senderechte für die Fußball-Weltmeisterschaften der Jahre 2002 und 2006 erworben, 3,4 Milliarden Mark waren sie den beiden Partnern wert. Dieser Erfolg rief im vorigen Jahr sogar die Politik auf den Plan, denn die Fußball-WM sollte ab 2002 den Prisma/ISPR-Plänen nach nicht mehr im Free-TV zu sehen sein - nach einigem Druck steht aber mittlerweile fest, dass die Spiele der deutschen Nationalmannschaft live, unverschlüsselt und für alle empfangbar gesendet werden müssen. Wer dagegen zufällig Fan eines anderen Teams ist, hat Pech.

Gemeinsam könnten die drei Agenturen nun den Sport-Markt revolutionieren: Leo Kirch könnte der Werbekundschaft demnächst voll durchgeplante Events anbieten, von der Belegung der Werbe-Banden bis zum optimal platzierten Spot wäre alles von einer Hand organisiert. Und das wird er auch wohl tun können, denn Dr. Johannes Schmitz, Sprecher der Kirch-Gruppe, erklärte zwar nach der Veröffentlichung, dass im Haus Einigkeit darüber bestehe, »Prisma und CWL zusammen zu legen. Ob und, falls ja, wie auch die ISPR in diesen Zusamenschluss eingebracht werden soll, ist zur Zeit völlig offen.«

Der Zeitpunkt für die geplante Fusion der drei Unternehmen ist jedenfalls äußerst gut gewählt. Denn in Frankreich, Spanien und England gab es in den letzten Wochen übereinstimmende Meldungen, dass eine neue europäische Super-Liga entstehen solle. Eine, die von den europäischen Global Players im Medienreich - Murdoch (Großbritannien), Kirch (Deutschland), Berlusconi (Italien), Telefonica (Spanien) und Vivendi (Frankreich) - geplant, finanziert und vermarktet werden soll.

»Solche Pläne sind nicht konkret. Weitere Kommentare geben wir dazu nicht ab«, erklärte Schmitz zwar zu entsprechenden Nachfragen deutscher Journalisten, aber es hat in der langen Geschichte der offiziellen Stellungnahmen schon wesentlich überzeugendere Dementis gegeben. Zumal die Berichte über die Super-Liga in den britischen und französischen Medien schon erstaunlich detailreich waren. 14 europäische Top-Mannschaften sollen teilnehmen dürfen, 1,1 Millionen Euro werden als Prämie pro erspieltem Punkt von den Geldgebern garantiert, aus der Super-League abzusteigen wird unmöglich sein.

Das ist wohl auch das Mindeste, denn der Fußball-Weltverband Fifa hatte - im Gegensatz zur europäischen Uefa, die bisher nicht regagierte - schon vor einiger Zeit erklärt, dass jeder Verein und jeder Spieler, der sich an einem solchen Unternehmen, also einer so genannten Wilden Liga außerhalb des Verbandes, beteilige, vom Spielbetrieb der organisierten Ligen und von den Nationalmannschaften ausgeschlossen werde.

Dabei haben die Verbände selbst dafür gesorgt, dass die Fernsehrechte immer begehrter und teurer wurden. Im Mai letzten Jahres hatte die Uefa überraschend für vier Jahre die deutschen Senderechte für die Champions League an die bis dahin eher unbekannte Station tm3 vergeben. Für die Gesellschafter des Senders, u.a. die News Corporation des englischen Medienmoguls Rupert Murdoch ein Glücksfall, denn tm3 wurde plötzlich zu einem Markennamen. Und wollte vom Frauen- zum Fußball-Sender werden, man liebäugelte sogar mit dem Erwerb der Bundesliga-Rechte. Schon kurz darauf stand jedoch fest, dass die Gesamt-Einschaltquote des Senders nicht gesteigert werden konnte, außerhalb der Champions-League-Spiele schaute kaum jemand zu.

Und dass Rechte in erster Linie eine lukrative Handelsware sind, mussten die anfangs so euphorischen tm3-Mitarbeiter auf die harte Tour lernen. Während die eingekauften Experten aus der zweiten Reihe sich durch die Spiele laberten, bereitete der Mehrheitseigner des Senders, Murdoch, bereits einen spektakulären Weiterverkauf vor: Anfang Januar dieses Jahres erklärte er, dass er ab der nächsten Saison die Rechte für 600 Millionen Mark an RTL und den Pay-TV-Kanal Premiere weiterverkaufen wolle.

Die geplante Super-Liga könnte den Rechtehändlern nun wieder hohe Umsätze verschaffen. Obwohl zumindest die Kirch-Gruppe sich nicht allein darauf verlassen mag. Man will nun auch noch ins Wett-Geschäft einsteigen. Im Internet, wo die die Begeisterung für virtuelle Geschäfte gerade riesengroß ist: Börsensimulationsspiele gibt es ebenso für die Formel 1 wie für Big Brother, zahlreiche Online-Banken machen das Aktienkaufen und -verkaufen per Mausklick möglich. Verbindliche Wetten auf den Ausgang sportlicher Großereignisse haben da einfach noch gefehlt.

Aber nur bis letzte Woche: Global Internet Gaming, eine Kirch-Tochter, deren Geschäftsführer Peter Sporis gleichzeitig auch Boss von Prisma ist, hat einen umsatzabhängigen Nutzungsvertrag für die Software einer US-amerikanischen Firma unterschrieben, mit der es möglich sein soll, 10 000 Wetten in fünf Sekunden bearbeiten zu können. 14 Jahre lang soll der Vertrag laufen.

»Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass am Dienstag beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe eine Einspruchsfrist des Salzburger Wettbüros Intertops abläuft. Die westdeutsche Lottogesellschaft will dem privaten Unternehmen verbieten lassen, Wettunterlagen im Bundesgebiet zu verschicken. Die Lottogesellschaft beruft sich dabei auf das staatliche Monopol für Glücksspiele«, berichtet der Online-Dienst Berlin online in Zusammenhang mit dem Kirch-Einstieg in die Zockerei.

Falls die Wetterei dann auch offiziell erlaubt wird, hat Kirch ganz sicher einen Startvorteil und könnte sofort loslegen - und in Zukunft gleich an allem rund um den Sport verdienen: an der werbetreibenden Industrie, an den Senderechten, an den Fans, die mit ihrem Hobby Geld machen wollen und an den Decodern fürs Pay-TV. Dann fehlt nur noch eine eigene Liga, die nach den Regeln des Medien-Imperiums spielt.