Koalitionsgespräche in Österreich

Vorwärts in die Vergangenheit!

Er hat ihn! Den Auftrag! Viktor Klima darf endlich eine Regierung bilden. Der SPÖ-Vorsitzende und Bundeskanzler der Alpenrepublik bekam nach 67 Tagen des »Sondierens« von Bundespräsident Thomas Klestil die Weisung, sich einen Partner zu suchen und die Idee mit dem Alleinregieren in der Minderheit tunlichst zu verwerfen. Und dies wenn möglich ruck-zuck.

Bis Ende Dezember will Klestil erste konkrete Ergebnisse vorgelegt bekommen. Ob der Appendix, der Klima endlich die Legitimation zum Regieren geben wird, nun tatsächlich ÖVP heißen wird, ist so sicher jedoch nicht. Noch nicht.

Zwar wünscht sich der Bundespräsident Stabilität - will heißen: Rot-Schwarz -, um sich weiterhin im Ausland blicken lassen zu können, doch die Volkspartei mit ihrem Obmann Wolfgang Schüssel bewegt sich nur äußerst langsam und behäbig aus dem Schmollwinkel. Die ÖVP hat es, nach dem Wahldebakel am 3. Oktober, geschafft, die Rolle als große Verliererin erfolgreich zu spielen.

Einerseits hat die Ansage der Schüssel-Partei, nach 13 Jahren Regierung in die Opposition zu gehen, mittlerweile Haidersche Glaubwürdigkeitssphären erreicht. Andererseits gibt es innerhalb der ÖVP starken Widerstand gegen eine Fortsetzung der vormals großen Koalition mit der SPÖ.

Die dritte und zuletzt immer stärker werdende Fraktion innerhalb der Christlich-Sozialen, die ein Zusammengehen mit der FPÖ befürwortete, bekam nun quasi aus den eigenen Reihen ein paar schallende Ohrfeigen. Geschehen diese Woche bei der Eröffnung des Kärnten-Büros in Brüssel, zu dem sich Jörg Haider seinen »Freund«, den EU-Agrar-Kommissar Franz Fischler, sozusagen als Gaststar einlud. Dieser warnte vor den Augen eines fassungslosen F-Führers vor Nationalismus, Ausgrenzung und Ausländerfeindlichkeit. Wer eine solche Politik betreibe, habe, so Fischler, den europäischen Geist nicht verstanden und werde daher auch in Europa nicht verstanden. Sprach's und schüttelte dem versteinerten Bärentaler freundschaftlich seine Tatze.

Fischlers Botschaft sollte jedoch vor allem seinen eigenen Parteifreunden zu denken geben, die schon seit längerem von einer blau-schwarzen Regierung mit einem Kanzler namens Schüssel träumen.

Welche Entscheidung die ÖVP nun immer treffen mag, es wird die falsche sein. Eine Koalition mit Haider scheint unmöglich geworden, ebenso die Rolle als widerspenstige Oppositionspartei. Und sollte es, ganz nach den Wünschen der Mächtigen dieses Landes (Bundespräsident, Kronenzeitung, Wirtschaft und Industrie sowie SPÖ), tatsächlich zu einer Weiterführung der Zweckehe mit den Sozialdemokraten kommen, wird man weiterhin der ewig geduldete Zweite auf der Regierungsbank sein. In dieser abermals frustrierenden Position Neuwahlen zu provozieren, käme dann schon eher einem Selbstmordkommando gleich.

Also alles beim Alten in good old Austria? Noch darf Wolfgang Schüssel ein bisschen weiterpokern. Doch sein Gegenüber am Spieltisch, Viktor »Bundesvickerl« Klima, kann sich beruhigt zurücklehnen, denn Trümpfe hat Schüssel weder in der Hand, noch wird er sie in letzter Sekunde aus dem Ärmel zaubern.

Klima wurde nun die Absolution erteilt - sowohl vom Bundespräsidenten als auch von der erfolgreichsten Tageszeitung der Welt. An ihm, so signalisiert er stets staatsmännisch, soll es nicht scheitern. Die SPÖ darf und wird im alten Trott weiterregieren, und die ÖVP steht mit dem Rücken zur Wand. Unschwer zu erraten, wer sich darüber am meisten freut.