Axel Schulz

Der Zonenmeister

Am Tag, an dem Millowitschs Willy, der doch einst gemeinsam mit Bubi Scholz den "Meisterboxer" gegeben hatte, endgültig auf dem Kölner Friedhof Melaten versenkt wurde, geschah gleichfalls in Köln, bloß auf der anderen, der falschen, der schälen Rheinseite etwas ebenso Komödien- wie Boxhistorisches.

Der Schwergewichtsboxer Axel Schulz wollte nämlich Europameister werden und ging dabei zu Bruch. Sein Umhauer war Wladimir Klitschko, der jüngere der beiden aus dem Genlabor der Roten Armee entsprungenen ukrainischen Generalssöhne.

Dabei hatte sich "der weiche Riese" (Sport-Bild) einen feinen Zeitpunkt ausgesucht, um endlich mal jemandem imponieren zu können, denn ein paar Wochen zuvor hatte ein anderer Deutscher, nämlich der Halbschwergewichts-Weltmeister Dariusz Michalczewski überzeugend gegen Montell Griffin gewonnen, immerhin den Mann, der als einziger bislang den gegenwärtig weltbesten Boxer, Roy Jones Jr., geschlagen hatte.

Sven Ottke, Super-Mittelgewichtsweltmeister, hatte gleichfalls überzeugend über Thomas Tate gesiegt und ist nun überraschenderweise richtig beliebt in Deutschland.

Regina Halmich, Junior-Fliegengewichts-Weltmeisterin, hatte nach großer Schlacht die amerikanische Ex-Weltmeisterin Jill "The Zion Lion" Matthews geschlagen, und auf die 22jährige Karlsruherin warten nun bald in den USA die großen Gagen.

Der vierte in dieser Reihe der siegreichen Deutschen wäre unser Axel gewesen. Und Nummer fünf ist übrigens Graciano Rocchigiani, der im November gegen den bereits erwähnten Roy Jones Jr. antritt und dessen Chancen dergestalt ausgeprägt sind, daß sich der Begriff "Chancen" eigentlich nicht anbietet: Das Beste, was ihm passieren kann, ist über die Runden zu gehen oder wenigstens sehr, sehr spät erst k.o. gehauen zu werden, auf daß er seinen Ruf als ehrbarer Verlierer, als großer Sportsmann für die nächsten Jahrzehnte behält.

Verlierer war auch das Image von Axel Schulz, nur "ehrbar" möchte man nicht hinzufügen, denn schließlich hat der Kerl erst einmal in seinem Leben einen großen Kampf geliefert: Im April 1995 gegen George Foreman, und das ist immerhin schon so lange her, daß man für einen Moment nachrechnen muß, ob damals eigentlich nicht noch die DDR existierte.

Vom Bonus, bester DDR-Schwergewichtler zu sein - auf dem Rummelplatz nannte man solche Leute korrekt "Zonenmeister" -, lebte Schulz bis vergangenen Samstag. Axel Schulz ist die boxerische Erscheinungsform von Angela Merkel: als Mensch gewiß nicht unsympathisch, aber in der Funktion, in der er und sie sich bewegen, unbedingt und absolut hassenswert - und weg damit.

Willy Millowitschs Klassiker "Der Meisterboxer" zeigt, wie ein dicklicher Marmeladenfabrikant bei seinen Geliebten Eindruck schinden möchte, indem er sich als berühmter Boxer ausgibt. Als der richtige Boxer auftaucht, bekommt er aber Schiß, rennt tolpatschig ums Sofa rum und klettert auf den Kamin. Der Fabrikant, der gewiß die eine oder andere Fähigkeit im Leben besaß, hatte sich zielsicher dämlich die Fassade ausgesucht, hinter der er die lächerlichste Figur gab.

Schade. Am selben Tag wurde in Köln Willy Millowitsch begraben und sein Nachfolger verhauen.