Antifa heißt offener Vollzug

Gute Führung

"10 Jahre Haft für Küssel - nein danke!"; "15 Jahre Haft für Indianerspielen im Wald - nein danke!" Franz Fuchs, Österreichs bekanntester Briefbombenbastler, ließ uns schon vor einigen Monaten bei seinen etwas laut geratenen Monologen vor dem Grazer Gericht wissen, was kommen würde. Mit seinen Ausrufen konnten damals aber nur Insider etwas anfangen.

Nun wurden ihm beide Forderungen heimlich, still und leise erfüllt: Gottfried Küssel, Gründer der Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (Vapo) kam letzte Woche frühzeitig nach siebeneinhalb (von ursprünglich elf) Jahren aus dem Gefängnis frei. Sein Kamerad Hans-Jörg Schimanek jun., der mit seinen von Fuchs "Indianerspielen" genannten Wehrsportübungen im niederösterreichischen Langenlois berühmt wurde, war bereits im Juni vorzeitig entlassen worden - nach fünf Jahren, die eigentlich acht und zuvor 15 hätten sein sollen. Bei solchen Verkürzungen hielten sich denn auch die österreichischen Medien knapp und brachten jeweils eine Kurzmeldung.

Gottfried Küssel soll sich mittlerweile zu einem braven, rechtschaffenen Staatsbürger entwickelt haben. So sieht es jedenfalls das Oberlandesgericht Wien, das die frühe Entlassung als "nicht unüblich" bezeichnete. Statistiker mögen darüber zu Recht die Nase rümpfen, denn 80 Prozent aller in Österreich zu Freiheitsentzug Verurteilten sitzen ihre Strafe bis zum letzten Tag ab.

Bei Neonazis verhält es sich offenbar anders. Noch dazu, wenn sie wie Küssel beteuern, sich nie mehr wiederzubetätigen. Und da der 41jährige zum Ehrenmann gereift scheint, weil er so anständig in der Gefängnisbuchhaltung mitgearbeitet hat und nun Aussicht auf einen Job hat, kann man, bitte schön, so einem fleißigen Zeitgenossen doch eine zweite Chance geben.

Auf eine zweite Chance für Küssel setzen aber auch andere: Nicht nur in der österreichischen Neonaziszene gilt er immer noch als Leitfigur, auch in Deutschland fieberte man seit längerem einer Freilassung des ehemalige Vapo-Führers entgegen. Dort wünscht sich das Aktionsbüro Norddeutschland nun den "Kameraden Küssel", der sich "von seinen Peinigern nicht brechen" ließ, so schnell wie möglich wieder "zurück an die Front".

Aber so dumm, sich wie in der guten alten Zeit wieder öffentlich für einen "Zusammenschluß von Österreich und der BRD nach freier Abstimmung" oder für die "Wiederzulassung der NSDAP als Wahlpartei" einzusetzen, wird Küssel wohl nicht sein. Schließlich ist er, wie das Wiener Gericht leicht mißverständlich formulierte, wegen "guter Führung" vorzeitig entlassen worden.

Ein "Denkmal für Küssel!" hatte Franz Fuchs bei seinen ersten Prozeßauftritten im Januar gefordert. Noch wird dem Propheten nicht jeder Wunsch erfüllt.