Bundeswehr orientierungslos auf dem Balkan

Koso wie?

Volker Rühe entdeckt die deutsche Zurückhaltung. Der zu seinen Amtszeiten als "Rüpel Rühe" titulierte CDU-Politiker und ehemalige Verteidigungsminister setzte sich am Wochenende für einen Abzug der Bundeswehr aus Mazedonien ein. Denn die deutschen Soldaten hätten kein Mandat des Bundestages für einen Kriegseinsatz gegen Serbien.

Im letzten Herbst war ihm das noch reichlich egal. Letzte Amtshandlung der Regierung Kohl war es - ganz im Einklang mit Rot-Grün -, genau diesem Mazedonien-Einsatz die Zustimmung zu erteilen - ohne Uno-Mandat. Streit über die Rechtsgrundlage gab es damals nicht. Im Gegenteil: Rühe selbst gab monatelang die Linie vor, der SPD und Grüne dann auch zustimmten. Um sie jetzt fortzuführen.

Nun legt Rühe ein taktisches Manöver hin, um sich - anknüpfend an seine lange politische und militärische Vorarbeit - als Schutzpatron der deutschen Soldaten zu gerieren. Dem Spiegel sagte er, "daß die Gefahr besteht, daß wir uns über den Einsatz von Luftstreitkräften hinaus mit Bodentruppen in den Konflikt verstricken - mit ungewissem Ausgang. Hier wird die Union darauf achten, daß dies unter keinen Umständen geschieht."

Die taz, schon zu Rühes Amtszeit nicht um Annäherung an die Hardthöhe verlegen, ließ am Wochenbeginn ihren Balkan-Haudegen Erich Rathfelder an die Feder - er hatte die passende Dolchstoßlegende parat: "Sollte seine (Rühes; M.L.) Aussage ein innenpolitisches Manöver sein, um in dieser existentiell wichtigen Frage der rot-grünen Regierung in den Rücken zu fallen, machte er sich selbst unglaubwürdig - nach allem, was er früher gefordert hat."

Aber so ist das nun mal in Kriegszeiten: Die Zahl derer, die nicht als gemeine und hinterhältige Vaterlandsverräter dastehen wollen, schrumpft bedenklich. Und mit ihr jeder Sinn für Logik.

Denn wenn die UCK, wie der Spiegel behauptet, vom albanischen Geheimdienst aufgebaut wurde, der seinerseits von den USA abhing; wenn sich die Delegation der UCK in Washington doch noch zum Unterzeichnen des Autonomie-Plans übereden ließ, dann hat Deutschland schlechte Karten und die USA offensichtlich die Hegemonie über die UCK gewonnen.

Und das nicht zuletzt im Wettstreit mit der deutschen Balkanpolitik. Denn wie das WDR-Magazin "Monitor" schon vor einigen Jahren herausfand, unterhielt der albanische Geheimdienst beste Beziehungen zu den entsprechenden deutschen Stellen. Warum sollten der Auslandsgeheimdienst BND und das Auswärtige Amt dann nicht auch an der UCK mitgebastelt haben? Die Nachhilfestunden in mafiöser Demokratie, die die Parteienstiftungen von CSU und CDU dem albanischen Ex-Präsidenten Sali Berisha erteilten, wird nun zum Exportprodukt für das Kosovo. Für ein zu seinen Gunsten maßgeschneidertes Wahlgesetz war Berisha den Deutschen zu Dank verpflichtet. In den Aufständen von 1997 gestürzt, kontrollierte er weiterhin die ans Kosovo angrenzenden Gebiete im Norden Albaniens - die Rückzugs- und Ausbildungsbasis der UCK. Nicht ohne deutsche Hilfe: Der BND und der militärische Geheimdienst MAD statteten nach einem "Monitor"-Bericht die Kosovo-Albaner mit Funkgeräten und Überwachungstechnik aus.

Nicht ohne Grund entdeckte auch die FAZ sehr schnell ihr Herz für den bewaffneten Kampf der "ethnischen Albaner" der UCK. Und das bestimmt nicht, weil die Kosovo-Kämpfer in erster Linie US-Interessen vertreten.

Mittlerweile hat sich der politische Einfluß aber zweifellos verschoben. Vor allem die USA haben jetzt Einfluß auf die UCK. Deswegen drängen die US-Amerikaner auf ein Nato-Bombardement gegen Serbien, das insbesondere den militanten Separatisten nützen würde. Für die UCK sind nun die USA die natürlichen Bündnispartner, weil sie die entscheidende Kraft in der Nato sind. Am Wochenende erneuerten Washington und die UCK ihre Forderung nach Luftschlägen gegen Serbien.

Dagegen favorisiert selbst Bundeskanzler Gerhard Schröder mittlerweile eine weitere Verhandlungsrunde. Denn der Adem Demaci, der politische Sprecher der UCK mit den besonders guten Kontakten nach Bonn, wurde rechtzeitig zur Vertragsunterzeichnung in Paris geschaßt. Und so hat die Bundesregierung am Wochenende erstmals Konten gesperrt, über die der UCK Gelder aus Deutschland zuflossen.

Im vergangenen Sommer schon hatte der US-Sonderbeauftragte Richard Holbrooke die Deutschen in ungewohnt deutlicher Manier dazu aufgefordert - damals noch ohne Erfolg.