Christdemokratisches Wäscheproblem

Der Streit um den Umgang mit der PDS ist selbst schon Umgang mit der PDS

Wie wäscht man am besten dreckige Wäsche? Die CDU diskutiert derzeit, wie sie im kommenden Bundestagswahlkampf am effektivsten die PDS bekämpfen kann. Während Generalsekretär Peter Hintze die alte Rote-Socken-Kampagne aufwärmen möchte, plädieren CDU-Politiker aus dem Osten und der aus der Pfalz stammende Berliner Wirtschaftssenator Elmar Pieroth dafür, nicht durch plumpe Denunziation die potentiellen PDS-WählerInnen zu verschrecken, sondern sie bei ihrem ostdeutschen Gemüt zu packen und rüberzuziehen. Es kommt nicht häufig vor, daß Streitereien innerhalb der CDU offen ausgetragen werden, und daher muß es schon verwundern, daß es ausgerechnet dieses Thema geschafft hat, zu einer öffentlichen Auseinandersetzung zu werden. Am 14. August stritten sich CDUler sogar vor Dutzenden MedienvertreterInnen bei einer Veranstaltung des "Forums Werkstatt der Einheit" in Berlin.

Hintze polterte wie gewohnt gegen die PDS. Man solle "nicht zuviel Gehirnschmalz darauf verwenden, wie man Wähler der PDS gewinnt". Der Stimmenzuwachs im Osten müsse aus anderen Lagern kommen. Pieroth hingegen legte ein eigenes sechsseitiges Strategiepapier vor. Beim Lesen dieses Papiers wird deutlich, daß Pieroth im Gegensatz zu Hintze einigermaßen verstanden hat, wie die PDS funktioniert. "Nur eine Minderheit unterstützt die Nachfolgepartei der SED aus Neigung für den Sozialismus", schreibt der Senator. Aber auch die "überzeugten Kommunisten" und die älteren Mitglieder, die "ihren beruflichen Aufstieg (in der DDR, I. B.) nicht zuletzt der Parteimitgliedschaft verdanken" seien durchaus kompatibel mit CDU-Positionen. Für diese Gruppe hätten "Werte wie Ordnung, Disziplin, Sauberkeit große Bedeutung". Demgegenüber stünden die jüngeren Parteimitglieder, für die Ordnung und Disziplin konservative Werte seien, die Umweltschutz vor die ...konomie stellten und die eine "unbegrenzte Zuwanderung" favorisierten. Diesen Widerspruch gelte es stärker parteipolitisch auszunutzen.

Von der CDU fordert Pieroth, sie müsse sich vermehrt den "Problemen der Menschen in den neuen Bundesländern" zuwenden. Betont jedoch gleich im folgenden Satz, daß dies "nicht mit einer Erhöhung der finanziellen Hilfen gleichzusetzen" sei. Es gehe vielmehr um eine stärkere mentale Zuwendung. So sei es unratsam, ständig die Hinterlassenschaften der SED zu rügen. "Die Rede von 40 Jahren Mißwirtschaft beziehen viele Menschen auf sich", warnt der Wirtschaftssenator. Anstatt nur negativ über die DDR zu reden, gelte es, die positiven Werte des Westens besser zu vermitteln. Aber das ist natürlich ein Problem, das weiß sogar Pieroth. So fordert er, die soziale Marktwirtschaft wiederherzustellen, beziehungsweise das, was er darunter versteht: "niedrige Steuersätze, Reform der Sozialsysteme, Deregulierung und Privatisierung".

Schließlich versteigt sich Pieroth sogar in die PDS-Formulierung, die "Bürger der DDR" hätten "Wesentliches zum Aufbau ihres Staates geleistet". Spätestens jetzt wird jeder und jedem klar, daß es sich bei Pieroths Position nicht um eine Wahlkampfstrategie handelt, sondern schon um Wahlkampf. Während Pieroth den lieben Wessi-Onkel macht, der die armen Ossis so gut versteht, hat Hintze, den die Frankfurter Rundschau den "Mann fürs Grobe" nennt, natürlich die Fäden in der Hand. So bekommt auch der offen zur Schau gestellte CDU-Streit einen Sinn. Hintze denunziert die PDS, um SPD und Grüne zu diskreditieren, Pieroth zeigt Verständnis für die Ostler, um die Parteibasis in den neuen Bundesländern zu besänftigen.