Sonntag, 09.05.2021 / 14:35 Uhr

Hamburg: Protest gegen die Drahtzieher des Al-Quds-Marsches

Von
Gastbeitrag von Jan Vahlenkamp

Gegen den diesjährigen Al Quds-Marsch gab es auch in Hamburg Widerspruch. Selbst wenn in Berlin dieser Jahr der Aufmarsch verboten wurde, findet er in Teheran statt.  Und deshalb wurde auf einer Kundgebung an der Alster besonders die Rolle des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) ins Visier genommen. Diese Einrichtung gilt als Außenstelle des iranischen Regimes in Deutschland.

 

g

Bilder: Jahn Vahlenkamp

„Rechtsradikal ist aber nicht so gut“ rief ein Jogger den, in diesem Moment völlig perplexen, Kundgebungsteilnehmern zu. Auf der Wiese schräg gegenüber der Imam-Ali-Moschee hatte sich ein politisches bemerkenswert breites Spektrum zusammengefunden, aber sicher keine Rechtsradikalen. Die Imam-Ali-Moschee wird inoffiziell auch als „Blaue Moschee“ bezeichnet, ihr Träger ist das „Islamische Zentrum Hamburg“ (IZH). Auch wenn in den letzten Jahren die Kritik am IZH zugenommen hat, hat ein Großteil der Einwohnerschaft in der Hansestadt von dieser Kritik noch keine Notiz genommen.

Neben der Botschaft die wichtigste Vertretung der Islamischen Republik Iran in Deutschland

Gelegen am Ufer der Alster, gilt die Imam-Ali-Moschee architektonisch als die schönste, ansonsten jedoch als die umstrittenste Moschee Hamburgs. Das Bundesinnenministerium schreibt: „Das IZH ist neben der Botschaft die wichtigste Vertretung der Islamischen Republik Iran in Deutschland und eines ihrer wichtigsten Propagandazentren in Europa.“ Als solches ist es direkt dem Obersten iranischen Führer Ali Chamenei unterstellt. Der derzeitige Leiter des IZH, Mohammad Hadi Mofatteh, ist ein Veteran der berüchtigten Revolutionsgarden. Die Moschee gilt auch als Treffpunkt und Anlaufstelle der verboten Hisbollah. Aufmerksamkeit erregte das IZH zuletzt unter anderem im Januar 2020, als in der Moschee eine Trauerfeier für Qasem Soleimani, den getöteten Kommandeur der Al-Quds-Brigaden, stattfand. Auch Enthüllungen der „Welt am Sonntag“ und eine Broschüre des American Jewish Institute rückten das IZH immer wieder ins Rampenlicht. So fühlte sich die Verantwortlichen des IZH im letzten Jahr beim „Tag der offenen Moschee“ veranlasst, eine Stellungnahme verteilen zu lassen, in der sie ihre Gesetzestreue und ihre Dialogbereitschaft beteuerten.

Das IZH hat auch die Möglichkeit, Einfluss auf den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen auszuüben

In dem Schreiben hieß es auch: „Zusammenhalt mit Muslimen ist ein erklärtes Ziel des Bundesinnenministeriums. Dieser Zusammenhalt kann sich auch darin ausdrücken, das Recht auszuüben, für eine unterdrückte Menschengruppe gemeinsam einzustehen und an einer polizeilich genehmigten Demonstration teilzunehmen.“ Hierbei handelt es sich um eine offenkundige Anspielung auf den Berliner Al-Quds-Marsch, der alljährlich dem Wunsch nach der „Befreiung Jerusalems“, bzw. der damit verbundenen Vernichtung Israels Ausdruck verleiht. Repräsentanten des IZH nahmen immer wieder an dieser vom iranischen Regime initiierten Demonstration teil. Der Al-Quds-Marsch sollte in diesem Jahr am 8. Mai stattfinden, dem letzten Samstag im Ramadan. Mit Verweis auf die Corona-Pandemie wurde er jedoch von den Veranstaltern kurzfristig abgesagt.

Hamburger Senat zeigt sich unbeeindruckt

All diese Dinge sind aber für den Hamburger Senat kein Anlass, nicht mit dem IZH zusammenzuarbeiten. Als Teil der Schura, dem Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg, ist das Zentrum durch einen Staatsvertrag mit dem Land Hamburg verbunden. Hierdurch hat das IZH auch die Möglichkeit, Einfluss auf den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen auszuüben.

g

Bild: Eine klare Aussage

Auch deshalb war die Absage des Al-Quds-Marsches in Berlin für die Organisatoren kein Grund, auf die geplante Kundgebung gegen das IZH am 7. Mai zu verzichten. Rund 70 Menschen versammelten sich hier um die Mittagszeit, trotz zeitweiligem Regen, um unter dem Motto „Gegen jeden Antisemitismus“ vor der Moschee zu demonstrieren. Aufgerufen hatte die Organisation „International Women in Power“, die sich zum Ziel gesetzt hat, auf die Frauenrechtsverletzungen im Iran und weltweit aufmerksam zu machen und als Opposition gegen das iranische Regime zu wirken. Ins Leben gerufen wurde die Initiative durch Hourvash Pourkian, Vorsitzende des Vereins Kulturbrücke Hamburg e. V. Sie fungierte bei der Kundgebung als Moderatorin.

Demokratiefeinde nicht willkommen

Vor Ort waren eine ganze Reihe von Rednerinnen und Rednern. Der Grünen-Politiker, Lehrbeauftragte und Publizist Volker Beck erklärte, Muslime und der Islam hätten ihren Platz in Deutschland, Demokratiefeinde seien aber bei uns nicht willkommen. Ali Ertan Toprak, Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland, bekräftigte dass man nicht nur an Gedenktagen an der Seite der jüdischen Freundinnen und Freunde in Deutschland und Israel sei, sondern gerade dann, wenn jüdisches Leben bedroht und angegriffen wird. Kazem Moussavi, Sprecher der Green Party of Iran, bezeichnete das IZH als düsteren Ort, an dem schiitischer Dschihadismus und Antisemitismus verbreitet wird.

g

Als Vertreterin der LGBT-Community sprach Laleh Arefi davon, dass sie die Moschee nicht betreten kann, da sie eine Frau liebt und bekundete ihr Unverständnis über eine solche Geisteshaltung. Die Publizistin Saba Farzan erinnerte unter anderem daran, dass seit über 40 Jahren Frauen im Iran nicht einmal öffentlich singen oder tanzen dürfen. Für das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft sprach Sarah Rambatz und empörte sich darüber, dass die Landespolitik das IZH daran beteiligt, die religiöse Bildung junger Hamburgerinnen zu gestalten.

Auflösung der Staatsverträge und ein allgemeines Verbot des Al-Quds-Marsches

Paul Koristka vom Verband Jüdischer Studierender Nord erinnerte daran, dass Angriffe auf Juden und Synagogen vor deutschen Gerichten mitunter als politische Statements gegen Krieg in Nahem Osten betrachtet werden, obwohl es sich um puren Antisemitismus handelt. Außerdem sprachen die Publizistin Necla Kelek, der designierte hamburgische Antisemitismusbeauftragte Stefan Hensel, die stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Ria Schröder, der Politikwissenschaftler Fariborz Salemi und Rebecca Schönenbach vom Verein „Frauen für Freiheit“. Per Audiobotschaft war zusätzlich der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries zu hören und das American Jewish Committee und ließ eine Grußbotschaft verkünden.

Eine Auflösung der Staatsverträge und ein allgemeines Verbot des Al-Quds-Marsches waren immer wieder hörbare Forderungen unter den Kundgebungsteilnehmern. Auch Empörung über die Wahl der Islamischen Republik in die UN-Frauenrechtskommission kam zur Sprache. Forderungen nach einer Schließung des IZH sowie Rufe nach der Einführung von Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik Iran wurden ebenfalls geäußert.

Ebendort, in der Islamischen Republik Iran, sind laut Medienberichten, trotz Restriktionen angesichts der dramatischen Corona-Lage, zahlreiche Menschen „spontan“ auf die Straße gegangen und verbrannten, wie in jedem Jahr, Israel- und USA-Flaggen. In einer Erklärung der Revolutionsgarden heißt es, der Tag läute „die Rache des Befehlshabers der Widerstandsachse, Märtyrer Qassem Soleimani, die Vertreibung amerikanischer Terroristen aus Westasien und die Errichtung einer vollständigen palästinensischen Souveränität über das heilige Gebiet durch die Entfernung des zionistischen Regimes aus der politischen Landschaft der Region“ ein.